Krisenklub 1. FC Köln:Ende einer Bananenrepublik

Der 1. FC Köln hat bei seiner erstaunlich ruhigen und friedlichen Mitgliederversammlung einen guten Anfang in neue Zeiten gemacht. Ob er deswegen gleich ein seriöser Verein ist, muss sich erst unter Stressbedingungen beweisen. Die erste Herausforderung könnte in der Relegation warten: Dort droht der Rivale Fortuna Düsseldorf.

Philipp Selldorf, Köln

Natürlich ist es ein herrlicher Witz, dass sich am Montagabend mehr Mitglieder des 1. FC Köln als je zuvor zur Vollversammlung trafen, um eine stadtbekannte Karnevalsgröße an die Spitze ihres Vereins zu wählen. Wer sollte besser dorthin passen?

Neur Vorstand des 1. FC Köln

Neuer Vorstand, neue Hoffnung: Die neue Kölner Führung Toni Schumacher, Werner Spinner und Markus Ritterbach

(Foto: dpa)

Der 1. FC Köln hat ja im Laufe dieser Saison so viele Tollheiten fabriziert, sowohl auf dem Fußballplatz wie in den Gängen des Geißbockheims, dass er sich längst eingereiht zu haben schien unter die großen Gesellschaften des Karnevals, die sprechende Namen tragen wie "Fidele Zunftbrüder", "Närrische Insulaner" oder "Kölsche Lotterbove", zu Deutsch: Lotterbuben, Taugenichtse.

Dann stellte sich der Vizepräsidentenkandidat Markus Ritterbach dem Publikum vor, der Präsident des Festkomitees des Kölner Karnevals, und wies das Vereinsvolk daraufhin, wie er das Ansehen des FC betrachte: Die Außendarstellung grenze "seit Jahren an Selbstzerstörung", meinte er.

Vor der ganzen Welt habe sich der Klub durch all die Indiskretionen und Streitereien "lächerlich gemacht: Auch hier gibt es Regeln - aber kaum einer hält sich dran", sagte er und folgerte, dass die Schwächen des Teams und die Sünden von zugereisten Fußballern wie Novakovic, Brecko oder Peszko lediglich die herrschenden Zustände im Verein spiegelten.

Zuvor hatte Werner Spinner, der designierte Präsident, den Leuten im Saal gesagt, dass es nicht mal helfen werde, wenn der Klub so viel Geld zur Verfügung hätte, "dass man damit das Geißbockheim zukleistern könnte: Solange hier keine Disziplin herrscht, wird der FC keinen Erfolg haben".

Die mehr als 4000 Mitglieder in der Arena erhoben sich nach diesen Reden von ihren Plätzen und applaudierten. Sie empfanden die Worte als wohltuend, weil sie sie für wahr hielten, und nicht zuletzt werteten sie die Diagnosen von Ritterbach und Spinner als Abrechnung mit den Übeln, die aus den sieben Jahren der Herrschaft von Wolfgang Overath resultierten.

Der Weltmeister, der Jahrzehnte als Ikone des Vereins galt, droht zur unerwünschten Person in Köln zu werden. "Alleinherrscher hatten wir hier lang genug", hatte Spinner erklärt. Die alte Präsidialherrschaft, die Overath eine Machtfülle verschafft habe, "wie sie sonst nur Diktatoren in irgendwelchen Bananenrepubliken haben" - ein kühner Vergleich -, will der neue Präsident demokratisch brechen, indem er die Macht mit den Gremien teilt.

Der 1. FC Köln hat an diesem erstaunlich ruhigen und friedlichen Abend einen guten Anfang in neue Zeiten gemacht. Ob er deswegen gleich ein seriöser Verein ist, muss sich erst unter Stressbedingungen beweisen, es droht ja nicht nur der Abstieg, es droht sogar eine Relegationsrunde mit Fortuna Düsseldorf - der ultimative rheinische Karnevalsklubgipfel.

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