Krise in Nürnberg:Fast wie Zizou

1. FC Nürnberg - VfL Bochum

Nürnbergs Adam Zrelak geht nach der Niederlage seines Vereins enttäuscht vom Platz.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Der 1. FC Nürnberg versäumt es beim 0:0 gegen Bochum, sich im Abstiegskampf zu befreien und gerät noch stärker unter Druck.

Von Thomas Gröbner, Nürnberg

Es war ein seltener Moment, der nicht zu dem passen wollte, was vorher und nachher zu sehen war in Nürnberg, ein Moment voller Leichtigkeit. Robin Hack hatte den Ball bekommen, der Mann mit den vielleicht dünnsten, aber auch feinsten Beinen der zweiten Liga. Dann folgte eine Bewegung, die nicht nach Abstiegskampf aussah, sondern nach purer Freude: Gegen drei Bochumer zog Hack den Ball mit der Sohle zurück, drehte sich um seine eigene Achse, streichelte den Ball noch einmal und zog ab. Eine Bewegung, die einst Zinédine Zidane berühmt gemacht hat, und auch in Zukunft nicht Robin-Hack-Trick heißen wird.

Es hätte der Moment sein können, mit dem das Nürnberg Spiel kippt, ein Signal im Abstiegskampf, in dem die Nürnberger immer tiefer verstricken. Doch der Schuss klatschte an die Latte, und stattdessen legte der Moment frei, woran das Nürnberger Spiel gerade gebricht.

Denn seit der Corona-Pause brauchen die Nürnberger Hilfe beim Toreschießen, nach der Niederlage gegen St. Pauli (0:1) halfen die Gegner kräftig mit: Gegen Aue (1:1) und Regensburg (2:2) mussten zwei Eigentore herhalten für die Pünktchen. Und diesmal?

Gegen Bochum vertraute Keller dem Schweden Mikael Ishak im Angriff, der - man höre und staune - der gleiche Ishak sein soll, der vor zwei Jahren die Nürnberger in die Bundesliga geschossen hatte. Doch in den vergangenen neun Monaten schien der Schwede nicht mehr gut genug, er war praktisch ausgemustert. Keller hatte Ishak gegen Regensburg eine Chance gegeben, der dankte es mit einem Tor - das einzige, das die Nürnberger in vier Partien seit der Corona-Pause zustande gebracht haben.

Trainer Keller kann der Mannschaft nichts vorwerfen, doch Nürnberg rutscht ab

"Bissig" sei man gewesen, immerhin, meinte Beinahe-Torschütze Hack nach dem torlosen Unentschieden, aber man habe sich halt nicht "belohnt". Das war ja in den vergangenen Wochen der Tenor: Ja, man beiße, man kratze, man strample, man könne der Mannschaft deshalb nichts vorwerfen, urteilte Trainer Keller. Viel fehlte nicht, ein "Quäntchen" nur, haderte Keller, während die Bochumer zufrieden das Stadion verließen, schließlich war ihr Ziel erreicht: Den Abstand auf Nürnberg (Platz 15, 32 Punkte) zu wahren, und dazu mussten die Bochumer (Platz neun, 36 Punkte) ja auch kein Tor schießen.

Und so schafften es beide Teams tatsächlich nicht, sich in den ersten 45 Minuten nennenswerte Chancen zu erspielen. Das änderte sich im zweiten Durchgang, auch weil spielerische Lösungen aufgegeben wurden zugunsten der Lösung "Hoch und weit".

Es dauerte fast eine Stunde, bis die Nürnberger ernsthaft gefährlich vor dem Tor auftauchten. Dovedan überraschte die Bochumer mit einem schnell ausgeführten Freistoß, doch Ishaks Schuss wurde geblockt. Fünf Minuten später warf sich ein Bochumer in den Schuss von Kapitän Hanno Behrens (58.), dann musste Nürnbergs Schlussmann Christian Mathenia einen Losilla-Kopfball entschärfen (61.).

Das höhere Risiko nahm am Ende dann der Club, in den verbleibenden 20 Minuten warf Keller das übrig gebliebene Offensiv-Personal auf den Platz: Adam Zrelak und Fabian Schleusener ersetzten Kapitän Behrens und Dovedan, Miachel Frey war für den glücklosen Ishak gekommen. "Ich wollte Frische reinbringen, Energie", erklärte Keller später seinen Plan. Doch die Energie, sie verpuffte recht wirkungslos.

"Ich habe das Tor herbeigesehnt", sagte auch Schlussmann Mathenia danach, und schickte ein Appell an seine Mitspieler: "Wir spielen für einen Traditionsverein", man habe eine "Verantwortung gegenüber der Region und den Fans", es gehe nur darum "den Verein in der Liga zu halten". Immerhin, "kommunikativ" sei man gewesen auf dem Platz, lobte Mathenia, und vielleicht meinte er damit auch den Nürnberger Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Grethlein, der von der Tribüne als Ein-Mann-Ultra ein Tor herbeibrüllen wollte ("EF-ZE-EN", "Wir wollen siiiiegen").

Fast hätte es geklappt, als Robin Hack sich für Zinédine Zidane ausgab. Aber Zidane, das weiß man, kam nie bis nach Nürnberg.

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