Eines kann man den Hamburgern nicht absprechen: Sie helfen, wo sie können. Zum Beispiel am Mittwochabend, als der HSV zum Benefizspiel für die Flutopfer bei Dynamo Dresden angetreten ist. Sogar der hanseatische Bürgermeister Olaf Scholz saß unter den 15 762 Zuschauern in der Arena der Elbe-Partnerstadt. Am Ende kam eine ordentliche Summe zusammen. Doch das Oberhaupt der norddeutschen Metropole hat dann auch erlebt, wie schlimm es bestellt ist um Hamburgs sportliches Aushängeschild.
"Das war etwas zu viel der Freundschaft", sagte der SPD-Politiker nach dem Spiel, "ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was der Plan dahinter war - das muss mir erstmal einer erklären." 0:4 hat der Erstligist gegen die zweitklassigen Dresdner verloren - und von ein paar Freistößen abgesehen nicht eine Torchance herausgespielt.
Es war schon die vierte Niederlage in den letzten fünf Testspielen. Und wenn man dem neuen Manager Oliver Kreuzer glaubt, dann würde man mit so wenig Engagement am Sonntag selbst beim Fünftligisten Schott Jena verlieren, in der ersten Runde des DFB-Pokals, dem ersten Pflichtspiel der Saison 2013/2014. Die gerade wieder aufgeflammten Träume von der Europa League, die unter anderem der HSV-Vorsitzende Carl Edgar Jarchow munter ausplauderte, wirken angesichts solcher Darbietungen wie Hohn.
Seit 50 Tagen ist Oliver Kreuzer als Nachfolger des beurlaubten Frank Arnesen im Amt. Nach der nächsten schlechten Darbietung hat er bereits seine zweite Brandrede gegen die genügsame Mentalität der Mannschaft gehalten. Vermutlich weiß er selbst, wie schnell sich so etwas abnutzt. Anfang Juli hatte er nach dem 0:2 gegen Wacker Innsbruck und einem extrem lustlosen Kick gegen die Österreicher gesagt: "So etwas will ich nie wieder sehen!" Jetzt räumte Kreuzer ein, die Partie in Dresden habe das Negativ-Erlebnis "noch einmal getoppt".
Ein Auszug aus seiner Standpauke: "Das war eine Katastrophe. Dieser Auftritt war an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Das war keine Frage der Qualität, sondern der Mentalität und der Einstellung." Zudem, darauf wies er auch noch hin, habe der Gegner sein schweres Zweitligaspiel beim VfL Bochum (1:1) vom Montagabend noch in den Knochen gehabt.
Trainer Thorsten Fink hielt sich verbal mehr zurück als der Sportchef. Dafür strich er den freien Donnerstagvormittag und ließ die Profis nach einer Strafpredigt doch trainieren. Öffentlich sagte er nur: "Der HSV hat einen großen Namen. Wir können uns nicht immer blamieren." Doch was nützt ein großer Name, wenn nicht das Geld da ist, um das Team an entscheidenden Stellen zu verändern? Zumal das - angebliche - Bayern-Gen der früheren Bayern-Profis Fink und Kreuzer offenkundig nicht ausreicht, um dem Team einen neuen Charakter zu vermitteln.