Krise beim FC Chelsea:José Mourinho: "Ich fühle mich von meinen Spielern verraten"

Leicester City v Chelsea - Barclays Premier League

Wieviel Zeit bleibt ihm noch beim FC Chelsea: José Mourinho

(Foto: REUTERS)
  • Der englische Meister FC Chelsea erlebt die schlimmste Krise seit 37 Jahren und steht nur noch einen Punkt vor einem Abstiegsrang.
  • Trainer José Mourinho verliert zunehmend die Geduld und geht auf seine Spieler los.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen in der Premier League.

Von Matthias Schmid

Eine ernsthafte Unterredung ist nach den jüngsten Ergebnissen wohl unvermeidlich geworden. Die Frage ist nur: Wer wohl zuerst das Gespräch suchen wird, der Verein oder der Trainer? José Mourinho ist sich seines Arbeitsplatzes beim FC Chelsea nicht mehr sicher. Er muss auf die Geduld des mächtigen Klubbosses Roman Abramowitsch hoffen. Gut möglich, dass er demnächst vom Russen einbestellt wird. Ein angenehmes Gespräch dürfte das nicht werden - so viel steht fest.

Mourinho findet keinen Ansatz, um den englischen Meister aus der ärgsten Krise seit 37 Jahren zu führen. Die 1:2-Niederlage am Montagabend bei Leicester City war bereits die neunte Niederlage in dieser Saison, nach 16 Spielen liegen die Londoner als Tabellen-16. nur noch ein Punkt vor Norwich City, die den ersten direkten Abstiegsplatz einnehmen. Ob das alles zu seiner Entlassung führen kann? Mourinho selbst hat nicht vor, alles hinzuschmeißen und den Klub zu verlassen. "Ich will weitermachen", sagte der 52-jährige Portugiese nach dem Spiel. Er klang in diesem Moment ungewohnt demütig, fast leise. "Ich hoffe, dass der Vorstand und Mister Abramowitsch auch wollen, dass ich bleibe."

Es ist jetzt aber nicht so gewesen, dass der unfehlbare Mourinho die Fehler für die sportliche Misere bei sich gesucht hätte, im Gegenteil: Lange Zeit hatte er seine Spieler für ihr fehlerhaftes Spiel und ihre irritierenden Auftritte verteidigt. Doch nach der erschütternden Niederlage gegen Leicester, das mit seinem herzergreifenden und ehrlichen Fußball die Tabelle vor Arsenal anführt, hatte er darauf keine Lust mehr.

"Ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit verraten wurde", schimpfte er auf seine Mannschaft. "Wir haben zwei Tore kassiert, die für mich nicht akzeptabel sind. Ich weiß, dass es eine meiner größten Stärken ist, ein Spiel für meine Spieler zu lesen, den Gegner zu lesen." Doch sowohl beim 0:1 durch Jamie Vardy als auch beim 0:2 durch Riyad Mahrez schienen sich seine Spieler plötzlich nicht mehr an seinen Matchplan erinnern zu können. "Ich habe vier Tage auf dieses Spiel hingearbeitet. Ich habe dabei vier Bewegungen identifiziert, mit denen sie fast jedes Tor geschossen haben. Meine Spieler haben all diese Informationen im Training bekommen. Sie können sie fragen."

Nach der Niederlage in Leicester folgt ein bizarrer Auftritt

Es ist in der Tat eine dramatische Zäsur seiner Amtszeit, nie zuvor war Mourinho in dieser Form auf seine Spieler losgegangen. Nur einen sprach er ausdrücklich von aller Schuld frei: sich selbst. Es war schon amüsant und fast bizarr, wie er versuchte, jegliche Verantwortung für das Tun seiner Spieler von sich zu weisen. "Manchmal", referierte er, "denke ich, dass ich letzte Saison eben einen unglaublichen Job gemacht habe, dass ich die Spieler auf ein Niveau gebracht habe, das nicht ihres ist."

Ob er mit dieser eigenwilligen These bei Abramowitsch durchkommt? Mourinho hofft es. Er denkt nicht daran, bei der Klubführung neue Spieler zu verlangen. "Es wäre nicht fair, 50 oder 100 Millionen Pfund für Zugänge zu fordern", bekannte Mourinho. Er appellierte vielmehr an das Arbeitsethos seiner Profis. "Die Spieler liefern keine gute Leistung ab, sie müssen sich in ihrem Stolz und Selbstvertrauen angegriffen fühlen und alles tun, Ergebnisse wieder auf bescheidene Weise zu erreichen."

So wie Leicester City. An diesen Spielern ("Sie sind die Stars und die Topspieler") sollten sich seine Profis ein Beispiel nehmen, sagte Mourinho. Schon allein daran kann man erkennen, wie ernst die Lage beim FC Chelsea sein muss - wie tief der Absturz fortgeschritten ist. Vor Saisonbeginn schien es noch so unmöglich, dass Mourinho mal Trost bei einer Mannschaft wie Leicester suchen würde. Doch eines will und kann er nicht akzeptieren: den Abstiegskampf. "Nein, damit haben wir nichts zu tun", sagte Mourinho, "das hat man nur, wenn man mehrere Monate unten feststeckt." Fakt ist aber auch: Für Klubboss Roman Abramowitsch dauert die Krise schon viel zu lange. Es ist Zeit zu reden.

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