Süddeutsche Zeitung

Krise bei 1860 München:Finanziell mal wieder gerettet

Ismaiks frisches Geld für 1860 darf keine verdeckte Einlage sein - das Modell braucht sportlichen Erfolg. Nach der erfolgreichen Veräußerung der Fanartikel GmbH ist auch eine Personalie klar: Daniel Halfar muss nicht nach Russland verkauft werden.

Markus Schäflein/Philipp Schneider

Zum Abschluss eines langen Tages beim Notar saßen sie zusammen, Vereinspräsident Dieter Schneider, Investoren-Statthalter Hamada Iraki und Geschäftsführer Robert Schäfer, gemeinsam feierten sie ihren Vertragsabschluss und genossen "polynesische Exotik", nicht zu vergessen die "legendären Südsee-Cocktails ", was sie all den Werbeversprechen des asiatischen Restaurants gemäß in "entspannte Urlaubsatmosphäre" versetzte.

Am späten Mittwochabend hatten sie sich auf den Verkauf der Fanartikel GmbH des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München an Investor Hasan Ismaik geeinigt, nach "einer Menge Diskussionen" (Schneider); zusätzlich gewährte Ismaik der KGaA das Darlehen über 1,3 Millionen Euro - mit Rangrücktrittserklärung, also nur zurückzuzahlen, wenn Gewinn gemacht wird. Auf gleicher Basis stellte Iraki noch einmal zwei Millionen Euro für Spielertransfers in Aussicht. Nun stießen sie freudig an. Mit Wein und Champagner. Tatsächlich.

Die erneute finanzielle Rettung war dann doch erfolgt, die Auflagen der Deutschen Fußball-Liga sind erfüllt; wie knapp es zeitlich zuging, verdeutlicht laut Schäfer der Umstand, dass der Geschäftsführer am Mittwoch erst eine Absage an einen russischen Klub sendete, der angeblich bereit gewesen sei, "die sehr stattliche Ablöse von mehr als einer Million Euro für Daniel Halfar" zu zahlen. "Halfar war unser Plan B, für den Fall, dass man sich nicht über den Verkauf geeinigt hätte", sagt Schäfer, "zum Glück ist das jetzt nicht mehr nötig."

Die Konditionen entsprechen weitgehend dem, was schon am Wochenende feststand - weshalb es durchaus verwundert, dass die Parteien zwei Tage lang über Stunden verhandelten, ehe sie endlich einig wurden. Die ausgehandelten Vertragsmodalitäten sehen eine Überschreibung der Anteile der Fanartikel GmbH an Ismaik zu einem Kaufpreis von einer Million Euro über eine Laufzeit von zunächst zehn Jahren vor.

Dann kann der Investor eine Option auf weitere zehn Jahre ziehen, wenn ein Wirtschaftsprüfer sein Einverständnis gibt: "Es kann nur unter bestimmten Bedingungen verlängert werden, und die dürfen wir überprüfen", sagt Schneider.

Bis zu einer Gewinnhöchstgrenze von 120 000 Euro streicht Ismaik den kompletten Erlös ein und zudem 50 Prozent der Summe, die die Höchstgrenze übersteigt, der Rest fließt an die KGaA. Mit dem zusätzlichen Gewinn darf Ismaik anstellen, was er möchte, er braucht sie nicht reinvestieren in die Fanartikel GmbH; wenn er will, kann er mit seinem Geld auch eine ecuadorianische Bananenplantage kultivieren.

Die Vertragspartner unterzeichneten zudem die Verpflichtung, dass die KGaA einen möglichen Gewinn des Unternehmens für die Rückzahlung der Darlehen aufwenden würde. Dies ist auch aus juristischen Gründen wichtig - schließlich gilt es für die KGaA, Bedenken auszuräumen, es handele sich bei der Investition um eine so genannte verdeckte Einlage.

Das meinte Schneider, wenn er immer wieder betonte: "Das Kind muss einen Namen haben." Eine verdeckte Einlage ist anzunehmen, wenn ein Gesellschafter einer KGaA einen einlagefähigen Vermögensvorteil gewährt, den ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte.

Sprich: Sind die Konditionen (fünf Prozent Zinsen, Aussicht auf Rückzahlung) so, dass dem Investor noch ein Eigennutz unterstellt werden kann? Ansonsten kann das Darlehen als eine Art Schenkung gewertet werden - für die eben eine Steuer zu entrichten wäre.

Der Investor gibt ein Darlehen, es wird marktgerecht verzinst. Also handelt er wie ein Dritter", argumentiert Geschäftsführer Schäfer. "Der Investor verpflichtet einen Spieler, der spielt zum Beispiel zwei Jahre lang gut und steigert so seinen Marktwert. Währenddessen wird die Summe verzinst, der Investor macht jährlich fünf Prozent Gewinn. Und dann bringt der Spieler Transfererlöse, die sein Darlehen zurückführen. Zu 50 Prozent. Damit zahlt die KGaA das Darlehen zurück."

Da ist freilich der Wunsch (nach Gewinn) Vater des Gedankens. Präsident Schneider gibt offen zu: "Wenn man dieses Modell immer nur zum Abdecken von Verlusten benutzt, wird irgendwann das Finanzamt kommen. Das Ganze muss irgendwann in die richtige Richtung gehen." Alle Handlungen, sagt Schneider, "müssen nachweislich auf Erhöhung der Gewinnchancen ausgerichtet sein" - wie gut für die Löwen, dass das im Fußballgeschäft erst einmal Auslegungssache ist.

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SZ vom 13.01.2012/mkoh
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