Niko Kovac beim FC Bayern:Rummenigge verweigert das Bekenntnis

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Niko Kovac gewannt sein wichtigstes Spiel mit den Bayern 5:0 gegen den BVB. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Beim FC Bayern steht Trainer Niko Kovac trotz des 5:0 gegen Dortmund gehörig unter Druck.
  • Das belegen Aussagen von Vorstandsboss Rummenigge am Sonntag bei Sky.
  • Kovac selbst gibt sich kämpferisch - er nutzt den Moment für ein paar kritische Aussagen.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Mit seinem Leben kann Niko Kovac am Samstagabend ziemlich zufrieden sein. Eigentlich. Er ist glücklich verheiratet, stolzer Vater, sein Bruder ist sein engster Vertrauter, außerdem hat er einen Job, um den ihn weltweit Millionen von Menschen beneiden und in dem er am Samstagabend wenige Minuten zuvor seinen bislang größten Erfolg gefeiert hat. Nun aber sitzt Kovac im Presseraum der Münchner Arena, und bei jeder Regung ist ihm anzumerken, dass etwas in ihm arbeitet. Er streckt den Rücken durch, er lächelt nur schwerfällig, er spannt den Kiefer an, seine Stimme wird lauter und lauter.

Dann sagt er: "Wir müssen mal wieder klarkommen mit unserem Leben."

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Das 5:0 (4:0) des FC Bayern gegen Borussia Dortmund war der wichtigste Sieg von Niko Kovac in seinen neun Monaten als Münchner Trainer, erstmals hat er eines der sogenannten großen Spiele gewonnen, nach zuvor ausschließlich Unentschieden und Niederlagen gegen Ajax Amsterdam, den FC Liverpool sowie in der Hinrunde gegen Dortmund. Und diese Mannschaft, die unter seiner Anleitung so oft für ihre zu defensive Spielweise kritisiert worden war, trat leidenschaftlich, begeisternd, angriffsfreudig auf. Nico Kovac, 47, ist nun wieder Tabellenführer, sechs Spieltage vor dem Saisonende. Der Gewinner des Samstags ist also Kovac.

Oder?

Zumindest war der FC Bayern gegen Dortmund genau die Mannschaft, die Kovac sich wünscht. Jeder Spieler gefiel mit straffer Körperspannung, jeder lief die Wege, die er laufen sollte, niemand scheute einen Zweikampf, und die vordersten Angreifer waren die ersten Verteidiger, die vom Anpfiff an die nervösen Dortmunder störten. Nach 17 Minuten, nach dem 2:0 durch Robert Lewandowski, war die Partie entschieden. Dennoch ließen die Bayern nicht nach. Der Sieg war einer der Einstellung und einer der Körperlichkeit, beides sind Dinge, die Kovac viel bedeuten.

Der Trainer selbst, normalerweise ein Meister der Selbstbeherrschung wie sonst nur Mönche während der Schweigeexerzitien, war am Spielfeldrand so energiegeladen wie noch nie. Er lief nach links, nach rechts, vor, zurück, er stellte sich sogar einem Rededuell mit dem BVB-Manager Michael Zorc. Nach dem 3:0 durch Javier Martínez (43.) sprang Kovac mindestens so hoch wie ein Puma.

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Niemand konnte übersehen, dass dieser Trainer alles gibt, was er geben kann. Trotzdem ist Kovac das Kunststück gelungen, aus einem 5:0 gegen Dortmund weiterhin angeschlagen herauszugehen.

Der FC Bayern ist auch als Tabellenführer eine Mannschaft, die sich an sich selbst abarbeitet. Das beginnt bei Kovac, der sich immer stärker gegen Kritik wehrt. Er gab der Sport-Bild ein Interview im Selbstverteidigungsmodus ("Zu sagen, wir hätten keine Spielidee, entspricht nicht der Wahrheit"), er verglich seine Trainerarbeit mit der Kindererziehung ("Der eine versteht es ein bisschen eher, der andere ein bisschen später"). Obendrein forderte Präsident Uli Hoeneß nach dem turbulenten 5:4 im Pokal gegen Heidenheim, dass gegen Dortmund "geliefert" werden müsse. Es waren aufwühlende Tage für Kovac.

Als er am Samstag im Pressesaal sitzt, hat Kovac den Mönch in sich noch nicht wiedergefunden. Er sagt: "Wenn du gewinnst, hast du nichts richtig gemacht. Wenn du verlierst, hast du alles falsch gemacht." Und: "Ich glaube: Wir sind alle Menschen, und jeder muss an sich den Anspruch haben, was ich nicht möchte, dass dir einer antut, das tu ich auch niemand anderem an. Das ist das Wort zum Sonntag." Zum Schluss sagt er die Sätze, in denen sich sein Zorn ungefiltert heraushören lässt: "Ich bin kein Moralapostel, aber wir müssen mal wieder klarkommen mit unserem Leben. Das ist nicht in Ordnung, was hier abgeht."

Zu dem, was in München abgeht, gehört allerdings auch, dass manche Spieler selbst nach einem 5:0 gegen Dortmund nicht davor zurückschrecken, dem Trainer ein paar Dinge zuzurufen. Lewandowski zum Beispiel sagt, die offensive Spielweise sei "unsere DNA"; bereits nach dem Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Liverpool hatte er die defensive Strategie des Trainers kritisiert. Und Mats Hummels, neben Lewandowski der beste Mann auf dem Platz, nicht nur wegen seines Kopfballs zum 1:0 (10.), sagt zu dem Vergleich mit der Erziehung: "Wir wissen schon selbst, wenn wir Sachen falsch machen."

Am Samstagabend sind das Nebengeräusche aus einer Mannschaft, die sich im Umbruch befindet und die selbst die Frage beschäftigt, ob ihr Trainer der richtige für diesen Umbruch ist. Am Sonntagvormittag aber sitzt Karl-Heinz Rummenigge im Studio des Senders Sky. Der Klubboss könnte diese Stunde nutzen, um den Trainer zu stärken, um darauf hinzuweisen, dass dieser im Sommer ein viel stärkeres Team vorfinden werde, mit dem er noch erfolgreicher arbeiten könne, so, dass ihm keiner eine fehlende Spielidee vorwerfen könne. All das sagt Rummenigge nicht.

Der Klubboss sagt lieber: "Es gibt keine Jobgarantie für niemanden bei Bayern München - und das ist auch gut so. Mit diesem Druck muss jeder umgehen können. Wer das nicht kann, ist im falschen Klub." Später führt er aus, wie die Klubführung in der Krise im Herbst den Trainer belehrt habe, "klar und deutlich" habe er, Rummenigge, seinen Unmut über die Rotation angesprochen, in der "ausschließlich leistungsunabhängig" rotiert worden sei - "dann ist das auch korrigiert worden".

Auf eine der vielen Nachfragen zur Zukunft von Kovac sagt Rummenigge: "Ich glaube, vom Klub wird er sehr gerecht behandelt." Was das heißt, löst er wenig später auf: Die Vertragslaufzeit von Kovac sei bekannt (bis 2021), "wir werden ihn dabei im positiven Sinne begleiten". Er klingt die ganze Sendung über wie ein Klubboss, den ebenfalls die Frage beschäftigt, ob der aktuelle Trainer der richtige für den Umbruch ist.

Ins Schwärmen gerät Rummenigge nur einmal. Als er über Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Carlo Ancelotti spricht: "Mit all diesen Trainern habe ich unglaublich ruhig geschlafen." Über seine Nächte in den Monaten mit dem Trainer Kovac sagt er nichts.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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