Bei der Frage, warum das alles so lange fast ungestört lief, muss man zunächst in die Schweiz schauen. Seit 1932 ist Zürich der Stammsitz der Fifa; das "Mekka des Fußballs" wie Blatter sagt. In der Schweiz sind Schmiergeldzahlungen an einen Verein oder dessen Funktionäre immer noch kein Offizialdelikt. Sie werden als eine Art Privatsache behandelt.
Das soll sich durch ein neues Korruptionsstrafrecht ändern, das dem Ständerat vorliegt. Denn die Reputation der Schweiz leidet unter vielen dubiosen Geldgeschichten, auch unter Sportskandalen: Auch das Internationale Olympische Komitee, das vor allem in der Amtszeit von Juan Antonio Samaranch monumentale Korruptionsskandale erlebte, hat seinen Sitz in Lausanne.
Fifa sollte Status der Gemeinnützigkeit verlieren
Ob die Schweizer Justiz, die wegen der Umstände bei der Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland und Katar gegen unbekannt ermittelt, ihr Verfahren ernst nimmt oder es nur als Begleitmusik zum Auslieferungsbegehren der Amerikaner laufen lässt, ist offen.
Klar ist, was zu tun wäre: Die Fifa ist ein gemeinnütziger Verein. Was macht man, wenn ein Verein gemein ist? Man entzieht ihm die Gemeinnützigkeit. Wenn ein Verein oder ein Verband nicht in der Lage ist, das Verhalten seiner Leute so zu beeinflussen, dass die nicht korrupt sind, sollte er wenigstens nicht mehr steuerlich subventioniert werden. Die permanente Verletzung moralischer Standards ist nicht nur ein Ärgernis, sondern ein Ausschlusskriterium.
Staatsanwaltschaften in aller Welt haben dem Treiben mehr oder weniger gelangweilt und viel zu lange zugeschaut. Und die Politik wollte es sich mit denen, die über die Vergabe von Fußballweltmeisterschaften entscheiden, nicht verderben. Gehandelt hat der Weltpolizist USA und dafür ist ihm - ausnahmsweise - zu danken. Ohne die amerikanischen Strafverfolger, ohne FBI und US-Steuerbehörde wäre in Sachen Fifa wieder nichts passiert. Es zeigt, dass die USA in der Korruptionsbekämpfung Vorreiter sind. Und auch bei der Stürmung der Steuerfeste Schweiz spielten amerikanische Fahnder und Politiker eine große Rolle: Sie drohten mit der Schließung von Schweizer Banken in den USA. Das half.
Die Taktiererei der Uefa führt weiter ins Elend
Korruption kann nur mit Nulltoleranz bekämpft werden. Alle Taktierei der Uefa, alle Beschwörungen, man müsse was tun, dürfe aber nichts überstürzen, führen weiter ins Elend. Ob der Austritt aus der Fifa oder der Boykott einer Weltmeisterschaft der richtige Weg wäre - darüber kann man streiten. Aber nicht darüber, dass wirklich was passieren muss. Auf die Einsicht des selbstherrlichen Blatter darf jedenfalls niemand hoffen.
"Ich bin ein guter Bürger", erklärte Al Capone 1932. "Schaut euch nur um, wie viel Gutes ich getan habe, und das ist nun mein Lohn." Da war er gerade zu elf Jahren Haft verurteilt worden.