Konstruktion olympischer Sportstätten:Ingenieure lancieren Rekorde

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Natürlich trainieren die Athleten hart für die Olympischen Spiele, manch einer hilft mit verbotenen Substanzen nach - doch es könnte einen weiteren Grund für die vielen Weltrekorde geben: Die Wettkampfstätten in London wurden so konstruiert, dass sie Bestmarken begünstigen, womöglich gar provozieren.

Jürgen Schmieder, London

Es war ein bemerkenswerter Satz, den Usain Bolt nach seinem Sieg über 200 Meter sagte. Freilich sagt Usain Bolt sehr viele bemerkenswerte Sätze, aber dieser eine war dann doch besonders bemerkenswert. Er habe ein Zwicken im Rücken gespürt, deshalb habe er lediglich das Rennen gewinnen und nicht den Weltrekord angreifen wollen. Der Grund für dieses Zwicken, das war das Bemerkenswerte: "Ich bin zu schnell aus der Kurve gekommen." Das musste man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Sprinter denkt, dass er zu schnell unterwegs gewesen sei.

Olympia 2012: Bahnradfahren

Schneller durch die Kurve: Nicht nur beim Bahnradfahren diente die Beschaffenheit der Piste der Geschwindigkeit. 

(Foto: dapd)

Die Läufer waren außerordentlich flink unterwegs bei diesen Olympischen Spielen, beim 100-Meter-Finale der Männer blieben sieben Sprinter unter zehn Sekunden, im Finale über 100 Meter der Frauen gab es einen Olympischen Rekord und fünf weitere Bestleistungen. Bei den 4x100-Meter-Staffeln wurden beide Weltrekorde regelrecht pulverisiert, auch über 800 Meter der Männer gab es eine erstaunliche Bestleistung.

"Das waren die erstaunlichsten Leichtathletik-Wettbewerbe in der Geschichte", sagte der jamaikanische Sprinttrainer Stephen Francis. Natürlich trainieren die Athleten hart für die Olympischen Spiele, manch einer hilft mit verbotenen Substanzen nach - doch es könnte noch einen weiteren Grund dafür geben, dass derart viele Weltrekorde zu bestaunen waren: Die Wettkampfstätten in London wurden so konstruiert, dass sie Bestmarken begünstigten, womöglich gar provozierten.

Ian Crockford ist Projektmanager bei der Olympic Delivery Authority, jener Behörde, die für die Entwicklung und Errichtung der Arenen verantwortlich war. Wenn er über die Architektur im Olympiapark spricht, dann gibt er sich Mühe, nicht allzu viele technische Begriffe zu verwenden. "Sport entwickelt sich weiter", sagt er, "und damit auch die Sportwissenschaft, die dahintersteckt. Man versucht also, dem Athleten ein Umfeld bereitzustellen, in dem er seine Ziele erreichen kann."

Crockfords Lieblingsgebäude - er gibt sich keine Mühe, das zu verbergen - ist das Aquatic Centre. Ganz unbescheiden erklärt er, dass es das Ziel gewesen sei, das schnellste Becken in der Geschichte zu erstellen, und das ist ihm und seinen Kollegen offensichtlich gelungen: Auch ohne Ganzkörperanzüge gab es beim Schwimmen neun Weltrekorde. Rebbeca Soni stellte erst im Halbfinale über 200 Meter Brust einen neuen Weltrekord auf und brach ihn gleich einen Tag später im Finale, sie sagte danach: "Vor ein, zwei Jahren hätte man gesagt, dass es ewig dauern würde, bis wieder ein Rekord gebrochen würde. Das ist einfach ein großartiges Becken."

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