Kommentar zum Doping im Tennis:Wer sagt für die French Open ab?

Sesil Karatantschewa ist nicht auf den Mund gefallen. Kaum war die Sperre gegen sie offiziell, kündigte das erst 16-jährige bulgarische Tennis-Talent an, gegen das Urteil vor den internationalen Sportgerichtshof zu ziehen.

René Hofmann

Sollte sie auch dort unterliegen, werde sie 2008 zurückkommen: "Und meine Rückkehr", weiß sie schon jetzt, "wird gewaltig." Die Themen Karatantschewa und Doping werden dem Tennis also noch ein Weilchen erhalten bleiben. Dabei ist der Fall formal klar. Zweimal zu viel Nandrolon im Körper bringt eine Zweijahressperre. Von der Schwangerschaft, die zu den Ausschlägen in den Messkurven geführt haben soll, ließ sich in den Proben keine Spur finden. Das Urteil fiel aufgrund einer ebenso erdrückenden Beweislage wie die acht Jahre Berufsverbot für den Argentinier Mariano Puerta, der - ebenfalls bei den French Open 2005 - zum zweiten Mal mit einer verbotenen Substanz im Körper aufgefallen war.

Nach Jahren des Lavierens, Beschwichtigens und Verschleierns haben damit beide Profi-Tennisorganisationen, die WTA der Frauen und die ATP der Männer, eindeutige Dopingfälle. Mit einem gestiegenen Eifer, mit denen sie dem Problem begegnen, hat das allerdings wenig zu tun. Die ATP begreift sich nach wie vor als eine Interessensvertretung der Spieler. Dass sie die Regeln, unter denen sie Dopingproben sammelt, nach langem Ringen mit dem Tennisweltverband ITF abgestimmt hat, sollte niemand überbewerten. Die ITF hält es noch nicht einmal für nötig, bei ihrem eigenen Wettbewerb, dem prestigeträchtigen Davis Cup, alle Spieler regelmäßig zum Röhrchen-Pinkeln zu bitten. Noch finsterer sieht es bei den Frauen aus. Gerade einmal eine niedrige sechsstellige Summe hat deren Tour-Organisation in diesem Jahr in ihrem Haushalt für Dopingproben vorgesehen. Trainingskontrollen besitzen Seltenheitswert. Ohne jede Konsequenz dürfen Szenegrößen wie die Williams-Schwestern darüber schwadronieren, dass ihre Körpersäfte niemanden etwas angehen.

Das System hegt und pflegt seine Stars. Ungemach droht denen von anderer Stelle. Vor allem in Frankreich, wo mindestens ein Labor einen besonders guten Draht zu einer Sportzeitung unterhält. Einmal in die Öffentlichkeit getragen, lässt sich ein Dopingverdacht nicht mehr vertuschen. Puerta und Karatantschewa flogen so auf. Vor diesem Hintergrund wird es spannend werden, wer so alles für die French Open 2006 absagt.

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