Kommentar:Spektakuläre Altherrenriege

Wimbledon

Große Gefühle: Novak Djokovic nach dem 16. Grand-Slam-Titel seiner Karriere.

(Foto: Toby Melville/Reuters)

Die Großen Drei Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic haben nun 54 der letzten 65 Grand-Slam-Titel geholt. Ihre Erfahrung spricht für sie mehr denn je.

Von Barbara Klimke

Nach dem Finale von Wimbledon muss kurz an den Kalifornier Robert Falkenburg erinnert werden. Berühmt für sein strategisches Gespür, rechnete er 1948 nach einem verlorenen vierten Satz auf dem Platz seine Gewinnchancen aus. Dann schlug er unbeirrt weiter auf den Ball ein, bis er aus den Händen von Prinzessin Marina, der Herzogin von Kent, tatsächlich den Pokal empfing. Falkenburg war bis zum Sonntag, als Novak Djokovic die Arena betrat, der letzte männliche Spieler beim berühmten Rasen-Turnier, der das Endspiel nach Abwehr von Matchbällen für sich entschied. Auch in dieser Hinsicht war der Wettbewerb von 2019 bemerkenswert.

Im Einzel hat Falkenburg nur diesen einen Gold-Cup erobert; später gründete er in Brasilien eine Fast-Food-Kette. Eine derartige Verlagerung der Geschäftsinteressen ist von Djokovic und seinem unterlegenen Kontrahenten Roger Federer in unmittelbarer Zukunft eher nicht zu erwarten. Größer ist die Wahrscheinlichkeit, da würde der frühere US-Crack Falkenberg vermutlich zustimmen, dass sie demnächst wieder mit dem Racket in der Hand, Entschlossenheit im Blick, in einem Grand-Slam-Finale stehen.

Zwar ist Djokovic 32 Jahre alt, Federer wird in einem Monat 38. Aber wenn zwei Familienväter zuletzt vorgeführt haben, dass das Alter auch nur eine Zahl ist, die man überwinden kann - wie 7:8, 30:40 im fünften Satz - dann diese beiden. Eine verwegene Theorie nach dem Marathonmatch, dem längsten Wimbledon-Finale seit 1877, lautet, dass heutzutage womöglich überhaupt nur Rivalen in diesem Alter, mit dieser Erfahrung, Routine in der Lage sind, sich so lange auf einem derart hohen Niveau bis zum letzten Ballwechsel zu duellieren. Die These ist nicht leicht zu widerlegen: Unter anderem deshalb, weil es derzeit nur einen aktuellen Spieler unter 28 Jahren gibt, der Grand-Slam-Finals erreichte, der 25 Jahre alte Österreicher Dominic Thiem.

Von den letzten 65 Grand-Slam-Turnieren, den großen Wettbewerben in Melbourne, Paris, London und New York, haben Roger Federer, Novak Djokovic und Rafael Nadal erstaunliche 54 gewonnen. Seit Federers erstem Sieg in Wimbledon 2003 gab es nur sieben andere Champions außer diesem dominierenden Tennis-Trio: Andy Murray, Stan Wawrinka, Marin Cilic, Juan Martin del Potro, Andy Roddick, Gaston Gaudio und Marat Safin.

Die nächste Möglichkeit, die Vorherrschaft der Großen Drei zu durchbrechen, bietet sich allen jüngeren Herausfordern im September bei den US Open. Wenn nicht, wird das Publikum kaum aufbegehren: Weil die Altherrenriege noch immer das beste Spektakel bietet.

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