Ob es hilft, über Glasscherben zu laufen? Oder einen Tausend-Euro-Schein an die Kabinentür in Dortmund-Brackel zu kleben? Sollte sich Peter Bosz einen blauen Glückspullover anziehen? Krisenlösungen im Fußball beruhen ja selten auf Empirie, Logik oder Vernunft. Und die legendären Praktiken der Trainer Christoph Daum, Klaus Toppmöller und Udo Lattek klingen zwar nach Hokuspokus, doch nach glaubwürdiger Schilderung der Protagonisten halfen sie einst tatsächlich, Spieler zum Siegen zu bringen. Eines ist klar: Peter Bosz, Trainer von Borussia Dortmund, braucht sehr bald einen Sieg, um eine der rätselhaftesten Krisen der jüngeren Bundesligageschichte zu lösen - und um nebenbei seinen Job zu sichern. Ob er nun mehr trainieren werde, ist Bosz am Freitag gefragt worden, nach dem fünften Bundesligaspiel in Serie ohne Sieg, der 1:2-Niederlage in Stuttgart. Ja, wenn es denn so einfach wäre, hat er geantwortet. Herkömmliche Methoden scheinen nicht zu helfen.
Es gibt, abseits von Scherben, Scheinen und Pullovern, ein paar erprobte Fußball-Krisenlösungen. Eine Variante, einen grundlegenden Systemwechsel, lehnt der Trainer allerdings ab. Ein Trainingslager zur Selbstfindung, eine weitere Option, schließt Dortmunds Terminkalender aus. Schon am Dienstag gegen Tottenham müsste ein Sieg gelingen, um im europäischen Wettbewerb zu überwintern zu können. Und so könnte man nun schlussfolgern, dass nur noch die geläufigste aller Methoden hilft, die auch dem FC Bayern in dieser Saison den Erfolg zurückgebracht hat: den Trainer zu wechseln. Doch die BVB-Spieler wehren sich gegen diese Option zurzeit mit Vehemenz. Die Mannschaft stehe zum Trainer, sagte Kapitän Marcel Schmelzer.
Vidal beim FC Bayern:Jupp erweckt Arturo
Arturo Vidal macht nach Wochen der Diskussionen um ihn sein bestes Saisonspiel. Trainer Jupp Heynckes führt das auf ein "längeres Gespräch" vor zwei Wochen zurück, in dem er Vidals körperlichen Zustand kritisierte.
Die Problemlösung liegt näher, als gedacht: im BVB-Kader
Tatsächlich ließe sich eine Lösung der Dortmunder Probleme jenseits der typischen Branchenreflexe finden. Ironischerweise ist diese Lösung derzeit Dortmunds größtes Problem. In Stuttgart hat sich gezeigt, dass dem BVB ein Spieler fehlt, der in den entscheidenden Situationen den Unterschied ausmacht. Jemand, der sich mit besonderen Aktionen gegen Niederlagen stemmt, auf dessen Form sich die Kollegen verlassen können. Ein Spieler, dessen individuelle Qualität anderen Spielern Zeit gibt, sich in seinem Schatten zu entwickeln. Ein Spieler wie Pierre-Emerick Aubameyang in gewöhnlicher Form.
Bosz hat seinen besten Stürmer suspendiert, nachdem dieser 35 Minuten zu spät zum Training kam und am Tag zuvor zum Werbedreh im Kabinentrakt geladen haben soll - ohne Genehmigung des Vereins. Entschuldigt sich Aubameyang glaubhaft, trifft er demnächst wieder, stärkt er damit nicht nur seinen Trainer und dessen richtige Entscheidung. Er würde auch der Mannschaft die abhanden gekommene Gewissheit zurückbringen, Spiele gewinnen zu können - und das schlichtweg mit der professionellen Ausübung seines Jobs. Aber wahrscheinlich ist diese Lösung viel zu vernünftig, um im Fußball zu funktionieren. Schließlich hat Aubameyang bislang zu Protokoll gegeben, er könne die Entscheidung des Trainers nicht verstehen.
Was hilft also? Scherben? Scheine? Auf einen blauen Glückspullover sollte Bosz jedenfalls besser verzichten. Der nächste Gegner in der Bundesliga ist der FC Schalke 04.