Klub-WM:Große Worte in der intriganten Fußballwelt

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Die Klubvereinigung ECA und die Uefa suchen nach dem Spielmodell der Zukunft und wehren sich gegen Infantinos Pläne - an derlei Schulterschlüssen sind oft Zweifel angebracht, diesmal aber nicht.

Kommentar von Thomas Kistner

Europas Fußball ist in Aufruhr, und schon der eine Fakt legt nahe, dass der Wirbel äußeren Einflüssen geschuldet ist: Alle Planspiele für eine neue Champions League sollen erst ab Mitte 2024 greifen, in einem halben Jahrzehnt. Warum jetzt die Hektik? Führt man die Debatten an ihren Beginn zurück, gibt es zwei Auslöser. Und beide sind Attacken.

Da ist Gianni Infantino, Boss des Weltverbands Fifa, der einst Generalsekretär der Europa-Union Uefa war und weiß, wo der Fußball 80 Prozent seiner Milliarden generiert. Zwecks Machterhalt braucht er viele Stimmen, und die holt ein Fifa-Patron traditionell bei den Bedürftigen ab, die am Tropf steter Entwicklungs- und Fördermittel hängen. Denn sie haben, alle zusammen, ein unbezahlbares Gut: ihre Voten. Die reichen bei 211 Nationalverbänden aus, um die paar Dutzend Verbände zu überstimmen, bei denen echte Spielbetriebe ablaufen. Infantino tat zuletzt Investoren auf, die seine obskuren Pläne alimentieren; dafür muss er was Werthaltiges bieten. Und was das anbelangt, führt eben kein Weg an Europas Teams vorbei.

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Nach denen greift Infantino nun mithilfe einer Klub-WM, bei der ab der K.o.- Runde wieder nur der bekannte Champions-League-Adel unter sich sein dürfte. Seine zweite Attacke, eine globale Nations League - in direkter Konkurrenz zum neuen Nations-League-Modell der Europäer - ist hingegen schon verpufft.

Neben der Fifa lauert ein weiterer Gegner im eigenen Lager der Europa-Union. Das sind die Raubtiere unter den Elite-Klubs, die schon 2016 eine Drohkulisse hochzogen: eine eigene Superliga, losgelöst vom Spielbetrieb der Uefa. Die Größten unter sich - damals war das ein starkes Druckmittel, um der Uefa Vorteile im Champions-Betrieb abzupressen. Aber auch 2018 hatten das wohl einige Raubtiere noch im Visier. Wozu natürlich, typisch in diesem Geschäft, keiner offen steht.

Aus dieser nervösen Gemengelage erwuchsen jetzt die hektischen Aktivitäten rund um die Frage, wie es mit Europas Fußball ab 2024 weitergehen soll. Und parallel muss sich der Fußball auch noch mit Infantinos fixer Idee befassen, die WM 2022 in der politisch aufgeladenen Region um Katar dringend auf 48 Teams und einen Co-Veranstalter aufzublasen.

Die Klubvereinigung ECA und die Uefa ziehen auch deshalb eine Festung gegen alle Bedrohungen hoch, die derzeit von Infantino und einigen Klubs mit Hang zum Raubtierkapitalismus ausgehen - sie begeben sich auf die Suche nach dem Spielmodell der Zukunft. ECA-Chef Andrea Agnelli formulierte dazu ein spektakuläres Leitmotiv: Transparenz, Offenheit und einen "beispiellosen" Schulterschluss mit der Uefa. Große Worte, zumal in der intriganten Welt des Fußballs. Das Ziel ist nichts Geringeres als ein Solidaritätsmodell, das allen Beteiligten von Andorra bis Zypern taugt.

Derlei fromme Vorhaben im Fußballgeschäft sind nicht allzu ernst zu nehmen. Diesmal könnte aber passieren, dass die Majorität der europäischen Klubs sich ihrer Stärke bewusst wird. Zwar wird ein noch intensiverer, rentabler Wettbewerb auf allen Ebenen ab 2024 schwer auszutüfteln sein - sollte es allerdings gelingen, dürfte so ein Gebilde noch immuner werden gegen Attacken der Fifa. Und gegen die der Raubtiere im eigenen Lager.

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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