Kommentar:Die Quote ist zu schlecht

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Trotz Anti-Doping-Gesetz und höheren Geldmitteln ist der Aufklärungserfolg der Nada viel zu schlecht. Wozu braucht es dann diese Institution überhaupt?

Von Johannes Aumüller

Irgendwo im wunderbaren Haus der Geschichte in Bonn sind außer Helmut Kohls Strickjacke und Konrad Adenauers Dienstkarosse auch jene putzigen Animationsfilmchen zu sehen, mit denen die CDU die ersten Wahlkämpfe des TV-Zeitalters bestritt. Die gingen ungefähr so: Das ist der Ludwig Erhard. Er ist unser Kanzler. Das soll er auch bleiben. Dann geht es allen gut. Insofern hatte die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) eine ganz passende historische Vorlage, als sie am Dienstag zu ihrer jährlichen Bilanzvorstellung in das Museum lud und dort mithilfe eines Videoclips ein neues Projekt vorstellte. Der ging dann ungefähr so: Das ist die Anna, die ist eine Gute, und das ist die Nina, die ist eine Böse. Und wenn die Anna sieht, wie die Nina verbotenerweise Tabletten nimmt, dann meldet sie das. Dann hilft das im Anti-Doping-Kampf.

Die Kontrollen sind seit Jahren konstant ineffektiv

Seit zwölf Jahren gibt es inzwischen die Nada, um den Anti-Doping-Kampf zu verbessern, und durch die ganze Zeit ziehen sich zwei Konstanten. Erstens: Die Nada hat zu wenig Geld. Zweitens: Die Nada erwischt zu wenige Doper. Das heißt, Satz eins stimmt so nicht mehr. 2014 bekam die Nada fast acht Millionen Euro, für 2015 sind fast zehn vorgesehen. Natürlich ist ihr Aufgabengebiet stets gewachsen. Aber großen Spielraum zum Lamentieren gibt es nicht mehr.

Und Satz zwei? Vor zwei Jahren hat eine Umfrage der deutschen Sporthilfe unter Kaderathleten ergeben, dass knapp sechs Prozent von ihnen regelmäßig zu Dopingmitteln greifen - und ein großer Graubereich von circa 40 Prozent beantwortete diese Frage gar nicht. Kürzlich kam eine Studie in den Niederlanden zu ähnlichen Zahlen. Mehr als vier Prozent der Athleten gaben zu, Substanzen zu benutzen. Und Experten schätzen die Zahl der Betrüger noch deutlich höher ein.

Die Trefferquote der Nada im abgelaufenen Kontrolljahr hingegen betrug: nur zirka 0,1 Prozent.

Diese Diskrepanz lässt daran zweifeln, wie effektiv die Arbeit der Nada wirklich ist. Die Agentur hört nun immerhin auf, ihre vielen, vielen Kontrollen als Argument vorzutragen, dass im Sport alles sauber ist. Stattdessen will sie die Studienergebnisse der Sporthilfe und aus den Niederlanden ernst nehmen: Zu diesen Zahlen "müssen wir hinkommen", sagt Nada-Chefin Andrea Gotzmann.

Anna und Nina dürften dabei aber nur bedingt helfen. Bedeutsamer ist die Einführung des Anti-Doping-Gesetzes, das der Nada helfen kann, weil sie enger mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten und von deren effektiveren Ermittlungsmethoden profitieren soll. Aber dazu braucht es auch den unbedingten Willen, Dopern nachdrücklich den Kampf anzusagen. Die Nada ist nicht unabhängig, in ihrem Aufsichtsrat sitzen diverse Vertreter aus Sport und Politik. Spätestens wenn die Nada trotz Anti-Doping-Gesetz und mehr Geld nur Quoten von 0,1 Prozent präsentiert, muss sich die Frage stellen, warum es eigentlich in dieser Form eine Institution braucht, die einen Anti-Doping-Kampf suggeriert, den es in Wahrheit gar nicht gibt.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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