Doping bei Olympia:Es macht fassungslos, wie die Wada das Dopingthema herunterspielt

Doping bei Olympia: Saubere Spiele? Es wird getestet, das schon. Aber das allein ist keine Garantie, dass sich alle Athleten an die Regeln des Fairplay halten.

Saubere Spiele? Es wird getestet, das schon. Aber das allein ist keine Garantie, dass sich alle Athleten an die Regeln des Fairplay halten.

(Foto: Sammy Minkoff/Imago)

Eine große Staatsdopingsause wie 2014 soll es diesmal nicht geben. Aber wie sauber oder nicht sauber diese Winterspiele in Peking sind, erfährt die Welt leider erst in ein paar Jahren.

Kommentar von Johannes Aumüller

Also, so etwas wie die große russische Staatsdopingsause 2014, das passiert diesmal nicht. Da sind sich die Verantwortlichen der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) sehr, sehr sicher. Und klar doch, ihre Argumente sind total beeindruckend: Es gebe jetzt einen unabhängigen Beobachter und eine Menge weiterer Sicherheitsvorkehrungen. Das Kontrolllabor befinde sich in einem geschlossenen Kreislauf, und außerdem sei auch noch der Hersteller für die Fläschchen, in denen die Dopingproben aufbewahrt werden, gewechselt worden.

Ja, wer weiß, vielleicht hat die Wada sogar noch einen Trupp Handwerker losgeschickt, der jede Wand im Labor mit einem Hämmerchen abgeklopft hat, damit es diesmal kein Mauseloch geben kann wie weiland in Sotschi, das es damals dem Geheimdienst ermöglichte, in der Nacht die sauberen und die verseuchten Urinproben zu vertauschen?

Doping bei Olympia: Die Russen Alexander Bolschunow (links) und Denis Spizow starten unter neutraler Flagge - aber sie starten.

Die Russen Alexander Bolschunow (links) und Denis Spizow starten unter neutraler Flagge - aber sie starten.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Es macht tatsächlich fassungslos, wie die Wada und auch manche nationale Dopingagentur das Manipulationsthema herunterspielen in diesen Tagen. Woher just bei einem Gastgeberland wie China, das nun nicht nur mit Blick auf die Staatsform, sondern auch mit Blick auf die Dopingvergangenheit unübersehbare Parallelen mit Russland aufweist, solch ein Glaube rührt, das bleibt ein Rätsel.

Die Russen starten diesmal unter einer formal neutralen Flagge - aber sie starten

Zahllose Dopingfälle gab es in China in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt in olympischen Kernsportarten wie Schwimmen oder Leichtathletik. Das Pekinger Kontrolllabor war schon einmal suspendiert, von Unabhängigkeit im Anti-Doping-Kampf kann keine Rede sein. Und wie umfassend das System funktioniert, das schilderte zum Beispiel die Sportärztin Xue Yinxian nach ihrer Flucht nach Deutschland 2016 - bis heute fühlt sie sich im Übrigen verfolgt von den chinesischen Machthabern. Und wenn man in der Geschichte der Sportmanipulation eines gelernt hat, dann doch dies: Noch ehe die Dopingjäger irgendeinen Fortschritt erzielt haben, hat sich in der Welt der Mauselöcher schon wieder etwas weiterentwickelt.

Man muss und darf dabei natürlich nicht nur auf das Gastgeberland schauen. Es sei auch mal ein kleiner Rundgang durch das Auftakt-Wochenende unter einer etwas anderen Perspektive gestattet. Das erste Gold dieser Spiele gewann die norwegische Langläuferin Therese Johaug, die einst wegen des Nachweises des verbotenen Steroids Clostebol gesperrt war - eine blöde Lippencreme gegen den Sonnenbrand war's! Im Skiathlon der Männer wiederum zerlegte der Russe Alexander Bolschunow das Feld und gewann souverän vor seinem Landsmann Denis Spizow.

Die Russen starten wegen des großen Staatsdopingskandals zwar auch diesmal unter einer formal neutralen Flagge. Aber sie starten. Und der Trainer der Langläufer ist immer noch jener Jurij Bondarowko, der über alle Dopingskandale hinweg seit einem Vierteljahrhundert im russischen Langlauf mitmischt und der selbst schon mal gesperrt war.

Zudem ist das Kontrollsystem, das ohnehin nur wenige Betrüger erwischt, noch immer nicht auf dem Stand der Vor-Corona-Zeiten. Wie sauber oder nicht sauber diese Spiele sind, das erfährt die Welt wie immer erst in ein paar Jahren.

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