Kommentar:Lieber mehr Geld und weniger Arbeit

In der nun beginnenden Champions League können die deutschen Handball-Klubs längst nicht mehr mithalten. Andere Ligen haben bessere Bedingungen - es braucht dringend Maßnahmen.

Von Joachim Mölter

Alarm! An diesem Mittwoch beginnt die neue Champions-League-Saison der Handballer, und die deutschen Klubs sind nicht mehr konkurrenzfähig. Das sagt Nikolaj Jacobsen, der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, das bestätigt Uwe Gensheimer, der Kapitän der Nationalmannschaft, das räumt auch Christian Prokop ein, der Bundestrainer.

Was ist denn da los? Galt die Bundesliga nicht immer als stärkste Liga der Welt? Das ist sie doch noch, oder?

"In der Spitze nicht mehr", sagte Jacobsen gerade dem Mannheimer Morgen: "Diese Zeiten sind vorbei." Der für Paris St. Germain spielende Gensheimer sieht das genauso, wie er der Handballwoche erzählte: Nur in der Breite sei die Bundesliga noch stark. Prokop teilt diese Einschätzung: Es sei "nicht von der Hand zu weisen, dass wir in der Spitze im Moment einen Tick hinterherlaufen", sagte er dem Sport-Informations-Dienst.

Der letzte Champions-League-Sieg eines deutschen Klubs ist vier Jahre her, 2014 triumphierte die SG Flensburg. In den vergangenen zwei Jahren schaffte es kein hiesiges Team mehr zum Final Four nach Köln, in dieser Saison dürfen erstmals seit 15 Jahren nur noch zwei mitmachen, Meister Flensburg und die zweitplatzierten Löwen. Coach Jacobsen gibt zu, sie seien "nicht unbedingt die heißesten Anwärter" auf die Endrunden-Teilnahme. Dafür waren dort in der vorigen Saison gleich drei Klubs aus Frankreich.

Woran liegt das? Nur am "sehr guten Ausbildungskonzept" im Land des Weltmeisters, wie Prokop findet? Oder basiert die schwindende Stärke deutscher Klubs doch auf der Überlastung im heimischen Betrieb, wie Jacobsen und Gensheimer suggerieren? Der Linksaußen schwärmt ja von den Bedingungen in der französischen Liga, in der 14 Teams spielen anstatt 18 wie hierzulande. Dadurch ergeben sich 26 statt 34 Spieltage, die Sommerpause ist länger, es gibt mehr Zeit zum Regenerieren - "das Ganze bei gleichem oder teilweise sogar höherem Gehalt", rechnet Gensheimer vor. Auch Jacobsen stellt fest, dass es Spitzenspieler in andere, kleinere Ligen zieht, zu Klubs wie Veszprém, Kielce, Barcelona, Paris: "Dort bekommt man mehr Geld für weniger Strapazen. Das hat sich herumgesprochen." Gensheimer findet: "Die Bundesliga muss sich sehr genau hinterfragen, warum sich die Spieler so entscheiden."

Hierzulande klagen die Profis seit Jahren, dass die Grenze der Belastbarkeit erreicht ist, ohne dass etwas geschieht. Im vorigen Jahr kollidierten die Termine der Bundesliga derart mit der Champions League, dass die Löwen gleich an zwei Wochenenden in beiden Wettbewerben antreten mussten. Zu lösen ist dieses Problem nur durch Reduzierung. Und da ist die Bundesliga am Zug, sich zu bewegen.

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