Uefa:Warum die Champions League so schwer zu verbessern ist

Barcelona v Liverpool - UEFA Champions League Semi Final: First Leg

Lieferten sichein Fußball-Fest: Virgil van Dijk von Liverpool (links) und Lionel Messi von Barcelona im Halbfinale im Mai

(Foto: Getty Images)

Die Uefa-Reformer schaffen es nicht, eine noch profitablere und trotzdem attraktive Champions League zu entwerfen. Das liegt daran, dass die aktuelle Version schwer zu übertreffen ist.

Kommentar von Philipp Selldorf

Womöglich ist es Zufall, dass am Samstag die vier Champions-League-Teilnehmer in der Bundesliga gegeneinander spielen - just bevor am Dienstag die Europa-Saison beginnt. Vielleicht ist dieser Spielplan aber auch eine Manipulation, die auf Machenschaften des Großkapitals beruht: mit dem Ziel, die "Königsklasse" zu bewerben, indem man das deutsche Publikum durch Spitzenspiele auf sie einstimmt. Zugegeben, dies ist eine konstruierte Theorie. Doch dass der Begriff Großkapital im Zusammenhang mit der Champions League nicht ganz fehl am Platz ist, dürfte kaum zu bestreiten zu sein.

Vielmehr bilden beide Elemente - das große Geld und der große Fußball - eine eheliche Gemeinschaft von vorbildlicher Unzertrennlichkeit. Ein aktueller Finanzbericht verrät, dass jene 32 Klubs, die diesmal in den Wettbewerb eintreten, im Sommer 2,74 Milliarden Euro für neue Spieler ausgaben - das waren 40 Prozent der weltweit getätigten Transferausgaben. Diese Zahlen, die von Wettbewerbskonzentration und einem Oligopol der Elite-Klubs künden (denn die großen Summen gehen vor allem auf ständige Teilnehmer aus Madrid, München, Manchester etc. zurück), stammen nicht aus einem kritischen Enthüllungsreport, sondern vom Veranstalter, der Uefa, die auch in dieser Saison zwei Milliarden Euro an die Champions-League-Klubs verteilt.

Die Spannung der aktuellen Version ist schwer zu übertreffen

Die Uefa und die Europacup-Vereine diskutieren seit gut einem halben Jahr darüber, wie das System und Format der Champions League zu reformieren wären - natürlich nicht deshalb, weil der Geist des Sozialismus in die Funktionäre und Klubbosse gefahren ist und nun alle bemüht sind, Chancengleichheit und finanzielle Gerechtigkeit herzustellen. In Wahrheit ist das Ziel, den Spitzenklubs noch mehr Garantien zu verschaffen, damit sie bis ans Ende der Erdentage Spitzenklubs bleiben.

In der Klubvereinigung ECA, die 246 (führende) Vereine aus ganz Europa erfasst, herrscht Konsens, dass die Champions League ab 2024 anders gespielt werden soll als heute - bloß weiß man nicht, wie. Vorschläge, um mehr Spiele und Einnahmen zu kreieren, gab's genug: etwa größere Vorrundengruppen oder eine neue Zwischenrunde. Aber diese Ideen fanden zum Glück ebenso wenig Anklang wie der Vorstoß einiger Erzkapitalisten unter den Topklubs, aus dem Europacup eine Europa-Liga zu machen. Zu dieser Vision hat Sir Alex Ferguson bereits vor 20 Jahren das Nötige gesagt: "Europa sollte die Kirsche auf dem Kuchen sein. Keiner will, dass es der ganze Kuchen ist - das würde alles verderben."

Dass die Reformer es nicht schaffen, eine noch profitablere und trotzdem attraktive Champions League zu entwerfen, liegt daran, dass die aktuelle Version schwer zu übertreffen ist. Zwar hält sich das Spannungsmoment in der Vorrunde in Grenzen, weil sich die üblichen Favoriten durchsetzen. Doch die K.-o.-Runden haben sich zum Fest des Fußballs entwickelt. In der Vorsaison erreichte das Niveau der Viertel- und Halbfinals Gipfel der Hochkultur. Die Spannung bei Ajax gegen Tottenham oder Liverpool gegen Barcelona ließ einen hilfesuchend nach den Händen des Sitznachbarn greifen.

Vereine wie Amsterdam, Tottenham, AS Rom und Monaco, die in jüngerer Vergangenheit Halbfinals erreichten, gehören nicht in die erste Reihe der Großklubs, auch Titelträger Liverpool musste dorthin erst wieder finden. Die Erfolge dieser Klubs belegen, dass die Champions League noch nicht restlos vom Kartell der üblichen Verdächtigen vereinnahmt ist. Sie steigern zudem die emotionale Teilhabe der Fans - und damit das Geschäft.

Es ist also möglich, die Champions League zu verbessern. Die Uefa braucht nur für einen offeneren Wettbewerb und größere Vielfalt zu sorgen. Aber was sagt das Großkapital dazu?

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