Kommentar:Kein Vettel, kein Schumacher

Auffällig eifrig versucht Nico Rosberg, sein Image zu polieren. Das Bemühen verrät viel.

Von René Hofmann

Nico Rosberg bemüht sich, das ist gar keine Frage. Er hat eigens einen Fotografen engagiert, um sich in Szene zu setzen. Natürlich war der auch in Abu Dhabi dabei, am Sonntag, als Rosberg erstmals Formel-1-Weltmeister wurde, und natürlich gingen die Bilder vom Triumph und dessen Feier über die angeblich sozialen Medien anschließend in die Welt hinaus. Am Montagabend erzählte Rosberg in der ProSieben-Sendung "Circus Halligalli" dann von seiner Partynacht. Am Dienstag erzählte er Ähnliches noch einmal in Kuala Lumpur, wo der wichtigste Sponsor seines Mercedes-Teams seine Zentrale hat. Am Mittwoch wurde Rosberg in Wiesbaden empfangen, wo er sich per Facebook selbst beim Oberbürgermeister eingeladen hatte. Auf demselben Kanal bewarb der 31-Jährige sich auch um ein Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck. "Können wir uns treffen?", fragte Rosberg das Staatsoberhaupt. Daraus aber wurde nichts. Gauck war am Mittwoch zufällig schon anderweitig beschäftigt.

An wen Rosberg sich wohl als nächstes wendet? An UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, an den Dalai Lama, an Papst Franziskus? Eines ist sicher: Er wird es die Welt wissen lassen. Eines aber ist auch gewiss: Entscheidend für sein Standing wird es nicht sein. Welche Rolle er im Langfrist-Vergleich der deutschen Formel-1-Größen spielt, macht eine Entscheidung deutlich, die ebenfalls an diesem Mittwoch fiel: Der Automobilweltverband strich den Großen Preis von Deutschland für 2017 aus dem Kalender. Die Manager des Hockenheimrings sind sich ziemlich sicher, dass sie nicht genügend Tickets verkaufen können, um die Antrittsgage für den Formel-1-Zirkus zusammenzubringen - trotz eines deutschen Weltmeisters.

Die nackten Zahlen sind im Geschäft mit dem Sport letztlich die harte Währung, und da hatte RTL bereits am Montag Ernüchterndes für Rosberg vermeldet. Die Formel-1-Quoten waren in diesem Jahr mit durchschnittlich 4,51 Millionen Zuseher zwar höher als im vergangenen, als im Schnitt 4,20 Millionen eingeschaltet hatten, aber eben doch deutlich niedriger als bei Sebastian Vettels erstem WM-Titel (2010/im Schnitt 6,28 Millionen Zuseher) oder Michael Schumachers letztem (2004/8,51 Millionen). Nico Rosberg hat in diesem Jahr eine tolle Leistung vollbracht, er wurde verdient Weltmeister. Aber die Massen bewegt er nicht in dem Maße wie dies seine Vorgänger taten. Er ist kein Vettel. Und erst recht kein Schumacher.

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