Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Bayern steckt in der Jupp-Falle

Die Namen Philipp Lahm und Thomas Tuchel lenken den Blick tief hinein in die aktuellen Befindlichkeiten des FC Bayern. Die Klubführung ist sich uneinig und steht jetzt überrascht vor dem eigenen Umbruch.

Kommentar von Christof Kneer

Man stelle sich vor, Jupp Heynckes betritt Ende Mai den Rathausbalkon, Juppjuppjupp brüllen die Leute unten auf dem Münchner Marienplatz, und oben drängeln sich die Fotografen um das beste Bild. Auf dem besten Bild wären am Ende folgende Motive zu erkennen, von rechts nach links: Heynckes, Meisterschale, DFB-Pokal, Champions-League-Topf. Oder von links nach rechts: Champions-League-Topf, DFB-Pokal, Meisterschale, Heynckes.

Mal so gefragt: Möchte man mit so einem Bild Heynckes' Nachfolger werden?

Gut möglich, dass der FC Bayern aufgrund seiner finanziellen Vorleistung auch nächstes Jahr mit 13 Punkten Vorsprung Meister wird, dennoch kennen sie im Klub die pikante Phase, auf die sie zusteuern: jene, in der nicht nur Lahm und Schweinsteiger, sondern auch Robben und Ribéry nicht mehr spielen. Und in der irgendein armer Tropf versuchen muss, dem heiligen Jupp nachzufolgen.

Die Bayern gibt es gerade nicht

Den Bayern steht ein Umbruch bevor, und von außen betrachtet hätte nicht viel dagegen gesprochen, den Umbruch - zum Beispiel - von folgendem Personal verantworten zu lassen: von den weltweit anerkannten Haudegen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, von einem jungen, aber ebenfalls weltweit anerkannten Sportchef Philipp Lahm und einem europaweit geschätzten Trainer Thomas Tuchel. Routine, Innovation und etwas Reibung: Das hätte funktionieren können.

Die Namen Lahm und Tuchel lenken den Blick nun aber tief hinein in die Befindlichkeiten dieses ebenso faszinierenden wie eigenartigen Klubs. Die Namen zeigen, dass es zurzeit geradezu an eine Falschmeldung grenzt, wenn von den Bayern die Rede ist. Zwar stehen Hoeneß und Rummenigge traditionell in Treue fest zusammen, wenn es gegen Feinde von außen geht - intern aber gibt es die einen Bayern, die sich Lahm und Tuchel sehr gut in der Firma vorstellen können; und es gibt die anderen Bayern, die bei Lahm wegen mangelnder Funktionärs-Erfahrung skeptisch sind und die Mannschaft am liebsten für immer dem heiligen Jupp anvertrauen würden.

Diese gelegentlichen internen Funklöcher zwischen Rummenigge und Hoeneß haben nun auch extern eine Kommunikations- und Moderationsstörung verursacht: So fühlte sich der Trainer Tuchel eben nur von einem Teil des Klubs begleitet und gewollt, er wusste nie genau, mit welchem FC Bayern er gerade redet oder schreibt - ein Eindruck, den Philipp Lahm übrigens ausgezeichnet nachvollziehen kann.

Der FC Bayern steckt gerade in der Jupp-Falle. Aus (berechtigter) Liebe zu diesem großen Trainer haben sie mit der Organisation der Nachfolge gezögert und gehofft, dass die Welt da draußen schon auf sie warten wird. Die unverschämte Welt hat es allerdings gewagt, sich weiter zu drehen - und jetzt stehen die zwei verschiedenen FC Bayerns ziemlich überrascht vor ihrem eigenen Umbruch.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3920607
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.03.2018/ska
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.