Fifa:Gut gebrüllt

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Die Fifa-Pläne zur besseren Kontrolle des Beratergeschäfts wirken auf den ersten Blick ambitioniert. Tatsächlich greifen sie viel zu kurz.

Kommentar von Thomas Kistner

Das ist doch mal eine gute Nachricht von der Fifa: Ab nächster Saison will der Fußball-Weltverband die Transfergagen für Spielerberater regulieren, diese sollen nicht mehr als zehn Prozent von der Transfergebühr kassieren. Auch die Beraterlizenz soll wiederkehren; in Arbeit sei überdies eine Abrechnungsstelle, um Geldflüsse zwischen Klub und Agent zu überwachen. Und auch das soll der Fifa-Rat im Oktober in Shanghai absegnen: Ab nächster Saison dürfen maximal je acht Spieler pro Klub zugleich geliehen oder verliehen werden, ab 2022 nurmehr sechs.

So viel zur am Mittwoch verkündeten Beschlusslage: Jetzt wird aufgeräumt!

Zufällig ging tags zuvor im Schweizer Nationalrat eine Motion ein: Der Bundesrat solle dafür sorgen, " dass der Transferhandel im Fußball der organisierten Kriminalität entzogen werden kann". Gut also, dass die Fifa jetzt flott Betriebsamkeit signalisiert, bevor Politik und Strafjustiz eingreifen. Auch wenn das in der Schweiz bekanntlich keine große Bedrohung ist.

Studiert man die Fifa-Ankündigung genauer, fällt auf: Es wird sich wenig ändern. Die Agenten werden weiter Regie führen in der hinterm Stadion-Glamour äußerst zwielichtigen Kickerbranche. Logisch: Sie bestimmen meist, welcher Profi wo landet, und was der Deal samt aller Nebendeals kostet. Das teuersten Transfers kratzen bereits an der Viertelmilliarden-Grenze - und falls ein Rasenheld dringend für die neue Saison benötigt wird, würde mancher Klubmanager wohl auch als Pausenclown beim Kindergeburtstag des Spielerhändlers auftreten.

Dieses Schattengewerbe zu regulieren, ist Kernsache der Fifa. Das Grundübel greift sie aber nicht an: Die Doppelvertretung; dass Berater auf beiden Seiten kassieren, beim Profi und beim Klub. In der Regel verraten sie dabei ihre Pflichten gegenüber den Profis, indem sie deren Karriere eigenen Verdienststrategien unterwerfen. Und indem sie zugleich die Dominanz ihrer anderen Brotherren zementieren: der reichen, oft von Staaten oder Konzernen finanzierten Klubs. Der englische Verband FA wollte die Doppelvertretung 2017 verbieten. Ruderte aber flott zurück, als die gewohnte Arbeit mit Topberatern deutlich ins Stocken geriet. Auch die Fifa toleriert weiter das System, das lässt sich ihrer Mitteilung entnehmen. Sie gesteht den Agenten, neben den zehn Prozent vom Transferdeal, drei Prozent des Spielersalärs zu. Und verkündet, sie wolle "die Mehrfachvertretung zur Vermeidung von Interessenskonflikten limitieren". Das ist gut gebrüllt, denn limitieren heißt: nicht abschaffen. Es darf weiter auf beiden Tischseiten abkassiert werden, obwohl das wettbewerbsfeindlich ist. Und tendenziell kriminell. Linke Tasche, rechte Tasche: Der Interessenskonflikt bleibt unangetastet. Den Großteil des Transfermarkts, der 2017 zehn Milliarden Euro umsetzte und 2022 das Doppelte erreichen soll, teilt sich ein elitärer Kreis von Agenten und Topklubs. Wo der geringste Einblick herrscht, fließen die irrsten Gelder: So ein Geschäftsmodell zieht Geldwäsche- und Steuerprobleme an wie das Licht die Motten.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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