Das deutsche Pokalfinale findet grundsätzlich auf neutralem Boden statt. Das liegt daran, dass Hertha BSC - die einzige Mannschaft, die im Berliner Olympiastadion wirklich Heimvorteil hätte - dieses Finale offenbar statutengemäß verfehlt. So hat sich mit den Jahren der FC Bayern München als eine Art Gastgeber herauskristallisiert, die Bayern sind regelmäßig Ende Mai in Berlin und spielen dann gegen Dortmund oder Frankfurt oder so. Beide Finalisten dürfen traditionell ihre heimischen Stadionsprecher mitbringen, und so hat Bayerns langjähriger Ansager Stephan Lehmann dem aktuellen Gegner diesmal einen kleinen Gruß gewidmet. Die Leipziger seien ja zum ersten Mal da, sagte er, und man wusste nicht genau, ob das jetzt eher freundlich oder eher spitz gemeint war oder, was am wahrscheinlichsten ist, eher beides.
3:0 gegen Leipzig:Pokalsieg der furiosen Münchner Art
Bayern überwindet den hartnäckigen Widerstand der Leipziger mit drei spektakulären Toren und gewinnt den Pokal. Die Fans feiern Trainer Niko Kovac.
Ja, Leipzig stand am Samstagabend zum ersten Mal im heiligen deutschen Pokalfinale. Aber - die Prognose sei gewagt - sie standen dort nicht zum letzten Mal.
Und jetzt kommt auch noch Julian Nagelsmann
Womöglich war das 76. deutsche Pokalfinale ein historisches. Zumindest könnte es den Beginn einer Zeit markieren, in der der FC Bayern beim Versuch, deutscher Meister zu werden, nicht nur auf Borussia Dortmund achten muss. Schon in der gerade abgelaufenen Saison haben die Leipziger den dritten Platz belegt, und sie sind in Leipzig übrigens durchaus der Meinung, dass sie da noch den einen oder vielleicht sogar anderen Platz nach oben kommen können.
FC Bayern in der Einzelkritik:Lewandowski verdreht magisch den Kopf
Der Stürmer schießt Lewandowski-Gedächtnistore, Neuer verblüfft mit seinen Reflexen und Ribéry wird von den Fans auf den Rasen geschickt. Der FC Bayern in der Einzelkritik.
Zumal sie jetzt noch dieses Wunderkind von Fußballtrainer kriegen, diesen Julian Nagelsmann, den die junge Spielergeneration als ihren Lieblingsguru verehrt. Und was auf dem Platz zu sehen ist und auch in diesem Pokalfinale zu sehen war - eine Leipziger Elf, die mit ihrer Wildheit, ihrer Abenteuerlust und ihrem scharfen Pressing selbst die Bayern nervt - , das könnte bald über den Rasen hinauswachsen. Die Leipziger könnten den Bayern bald ganz grundsätzlich lästig werden.
Bayern versus Leipzig: Dieses Duell verspricht schon deshalb brisant zu werden, weil es stellvertretend steht für eine der großen Geschichten, die der deutsche Fußball gerade zu erzählen hat. Tradition versus Kommerz: Das alte Geld der Bayern begegnet dem neuen Geld der Leipziger, das altehrwürdige, inhabergeführte Edeltrachten-Geschäft am besten Platz der Stadt muss sich plötzlich mit dem hippen Start-up messen.
Dieses 76. Pokalfinale hat immerhin schon mal eine Ahnung davon vermittelt, dass Leipzigs Aufstieg in die Bayern-und-Dortmund-Liga den deutschen Fußball insgesamt erfrischen könnte. Die zweite Halbzeit konnte man durchaus senden auf dem sagenumwobenen asiatischen Markt, und auch für den Weltmarkt war dieses Spiel in seinen unterhaltsamen Momenten durchaus tauglich.
Der FC Bayern hat den ersten Ansturm der Leipziger abgewehrt. Weitere werden folgen.