Spielplan der EM 2021:Wer verliert, muss erst mal warten

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Dank an den Anhang: Die Finnen um Paulus Arajuuri müssen bis zum Schluss rechnen. (Foto: Kirill Kudryavtsev/Reuters)

Der EM-Modus mit 24 Teams hat zwar einen schönen Vorteil, aber auch viele Nachteile: Zum Beispiel die Rechenspiele für die Gruppendritten, was ihr Platz überhaupt wert ist.

Kommentar von Sebastian Fischer

Die Finnen sind erst mal noch nicht nach Hause zurückgekehrt, obwohl es schon sehr nach Abschied aussah, bevor sie das Stadion in Sankt Petersburg verließen. Ihre Fans, die den rasant steigenden Corona-Zahlen in Russland zum Trotz so zahlreich angereist waren, wollten gar nicht gehen, sich an dem Moment festkrallen, so wirkte es.

Sie sangen einfach weiter, auch als die Mannschaft noch einmal aus der Kabine gekommen war, um sich nach dem 0:2 gegen Belgien im letzten Gruppenspiel zu bedanken. Doch weil es theoretisch immer noch möglich war, dass es für das Team bei der ersten EM-Teilnahme noch als einer von vier besten Gruppendritten fürs Achtelfinale reicht, war vorerst der Plan, ins Teamquartier nach Repino Richtung finnische Grenze zu fahren, im nahen Selenogorsk zu trainieren - und zu warten.

Es sind diesmal unter anderem die Finnen, die beispielhaft die Vorzüge und die Nachteile des bei dieser EM zum zweiten Mal angewandten Modus mit 24 Mannschaften aufzeigen. Ein Vorteil liegt klar auf der Hand: In ein Feld mit 16 Teams, wie es das noch bei der EM 2012 gab, hätten sie es womöglich gar nicht geschafft. Und dann hätte es all das nicht gegeben: die Fußball-Euphorie im Eishockeyland, fast die Hälfte aller Finnen vor dem Fernseher; die Geschichte eines Außenseiters mit bemerkenswert unprätentiösen Charakteren.

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Die Nachteile, das sind Rechenspiele, wie sie nun an jedem letzten Gruppenspieltag in den Schlussminuten vorkommen. Bei Gleichstand droht immer das Szenario, dass am Ende die Gelbe-Karten-Statistik über das Weiterkommen entscheiden muss. Der Nachteil ist auch die Ungewissheit für die Gruppendritten, was ihr dritter Platz wert ist. 2016 warteten die Albaner drei Tage lang, bis sie wussten, dass sie nicht mehr antreten durften.

2016 wurde kritisiert, dass mehr Teams das Niveau verwässern - das gilt diesmal nur bedingt

Für die Fans, die ihrer Mannschaft folgen wollen, machen diesmal die verschiedenen Spielorte und die Pandemie das Warten doppelt unangenehm. Kurzfristig erfahren sie, ob ihr Team in einem Land spielt, in das sie guten Gewissens einreisen wollen und überhaupt dürfen. Dagegen sind die Teams der Gruppe F bevorteilt, weil sie die Vorrunde beschließen und bereits wissen, welche Ergebnisse ihnen zum Weiterkommen auch als Dritter reichen.

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2016 wurde kritisiert, dass mehr Teams das Niveau verwässern. Die Spiele in der Vorrunde waren oft schwer anzusehen. Das, immerhin, gilt diesmal nur bedingt. Zwar war neben dem größten Außenseiter Nordmazedonien auch die Türkei kaum konkurrenzfähig. Doch ansonsten ist kein Team dabei, das deutlich abfällt.

Die Idee mit 24 Mannschaften geht noch auf den ehemaligen Uefa-Präsidenten Michel Platini zurück, sie galt als sein eingelöstes Wahlversprechen. Natürlich ist sie für den Verband lukrativ, denn sie bedeutet mehr Spiele und mehr Fernsehzuschauer in mehr Ländern. Eine Rückkehr zu 16 Teams wird es kaum geben. Die wohl einzige Lösung, das absurde Modell mit den besten Gruppendritten loszuwerden, wäre eine fußballtypische: Dann halt noch mehr, also 32 Teams. Für die Finnen würde das bedeuten, dass sie keine schöne Außenseitergeschichte mehr erzählen könnten. Sie würden eher zur Mittelklasse gehören.

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