Kommentar:Eiszeit in Maranello

Japan Formula One Grand Prix

Nico Rosberg und Lewis Hamilton kämpfen noch um den Weltmeister-Titel. Hier ganz kollegial und Arm in Arm beim Großen Preis von Japan in Suzuka.

(Foto: Franck Robichon/dpa)

Ein Verlierer dieser Formel-1-Saison steht bereits fest: Sebastian Vettel. Die einst heißherzige Beziehung des viermaligen Weltmeisters zu Ferrari ist stark abgekühlt.

Von René Hofmann

Die Formel-1-Saison geht noch bis zum 27. November. Wer Weltmeister wird, ist noch lange nicht ausgemacht. Chancen aber haben nur noch die beiden Mercedes-Fahrer Nico Rosberg (313 Punkte) und Lewis Hamilton (280). Ein Verlierer steht damit bereits fest: Sebastian Vettel.

Nach vier WM-Titeln und einem enttäuschenden Abschlussjahr mit Red Bull zog es ihn nach Maranello in Italien; beim mythenumrankten Ferrari-Team wollte er das Gleiche hinbekommen wie einst sein Idol Michael Schumacher: erst Aufbauarbeit leisten, dann Titel einfahren. Der Start 2015 war verheißungsvoll. Auf Anhieb glückten Vettel drei Siege. In diesem Jahr aber ging es nicht weiter bergauf. Es ging bergab. In der Konstrukteurswertung muss die Scuderia kämpfen, um zumindest noch als zweite Kraft in der Serie zu gelten. Selbst von Abstauber-Erfolgen ist sie aktuell recht weit entfernt. Die Entwicklung des Autos lahmt, die Strategiefehler werden einfach nicht weniger. Nach fast jedem Rennen müht sich der einstige Seriensieger Vettel, um mit anderen Worten zu erklären, warum es wieder einmal nicht lief.

Warum es nicht läuft? Hinweise darauf hat kürzlich ein einstiger Ingenieur gegeben. Luca Baldisserri, der Michael Schumacher bei einigen Titeln begleitete, sagte dem Corriere dello Sport, in der Gestione Sportiva herrsche ein "Terror-Klima": "Sie sind kein Team mehr, sondern eine Gruppe verängstigter Leute. Dort drinnen gibt es ein Klima des Terrors, die Jungs erfinden nichts, sie entscheiden nichts aus Angst, verjagt zu werden." Schuld daran sei Sergio Marchionne, der 2014 als Ferrari-Präsident auf Luca Cordero di Montezemolo folgte, und der den Formel-1-Erfolg mit ungeeigneten Methoden erzwingen wolle.

Egal, ob die Analyse stimmt oder nicht: Allein, dass sie kursiert, zeigt schon viel. Sie offenbart, wie unerbittlich die Kritik rund um das Traditionsteam ausfällt, wenn der Erfolg ausbleibt. Formel-1-Rennställe sind besondere Gebilde. Sie sind Firmen, die bis zu 1000 Menschen beschäftigen, deren Erfolg am Ende aber doch von ganz wenigen herausragenden Figuren abhängt. Diese Figuren müssen sich vertrauen. Bekommt das Verhältnis Risse, geht es schnell bergab. Die Beziehung ist dann nur noch schwer zu retten. Wenn nicht alle Anzeichen täuschen, besteht diese Gefahr aktuell bei Ferrari. Der von Marchionne bestallte Teamchef Maurizio Arrivabene blieb kürzlich zurückhaltend, als es um eine vorzeitige Verlängerung des Vettel-Kontrakts über 2017 hinaus ging. Die Beziehung, die so heißherzig begann - sie wirkt inzwischen deutlich abgekühlt.

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