Kommentar:Einigung gegen Geld

Die Vertreter der Regionalligen Nord, Nordost und Bayern stimmen zu, dass jährlich nur zwei ihrer drei Meister aufsteigen. Auch die Drittligisten schlucken wohl eine Kröte. Und dann ist endlich Ruhe? Eher nein, oder höchstens für ein paar Jahre.

Von Christoph Leischwitz

Der deutsche Profifußball gleicht einem Hochhaus, und unten im Amateur-Flachbau haben sie seit einiger Zeit das Problem, dass es sich vor dem Aufzug staut. Kommt einmal im Jahr ein Lift unten an, kann es obendrein passieren, dass der Liftboy sagt: Sorry, die Traglast hat sich geändert, ich kann nur noch vier Personen mitnehmen statt fünf. Wenn niemand freiwillig unten bleibt, ist Streit programmiert.

Am Dienstag trafen sich in der Nähe von Halle all jene, die bei den aktuellen Reformplänen des deutschen Fußballs das größte Streitpotenzial haben: die Vereine aus den Regionalligen Nord, Nordost und Bayern sowie die aktuell neun Drittligisten aus den dazu gehörigen Bundesländern. Die Viertligisten aus diesen drei Ligen sollten wählen, ob sie sich künftig zu zwei Ligen verschmelzen lassen. Oder ob sie ihre Ligen behalten wollen - mit dem Nachteil, dass nur zwei von drei Meistern aufsteigen. Sie haben sich für Letzteres entschieden, einstimmig.

Und das ergibt auch Sinn: Eine Amateurliga, in der der FC Memmingen aus dem Allgäu insgesamt 1000 Kilometer reisen muss, um gegen Wacker Nordhausen zu spielen, ist keinem Fan, keinem Kassenwart und keinem Sponsor zu vermitteln. Einig war man sich auch darin, dass die anderen beiden Regionalligen - Südwest und West - fein raus sind mit fixen Aufstiegsplätzen für ihre Meister. Weil deren Verbände im DFB-Bundestag zahlenmäßig überlegen sind, wird sich daran nichts ändern. Die oft in den Verbänden gepriesene Solidarität, meinten viele Delegierte in Halle, sehe ja wohl anders aus.

Eine Pyramide anstatt eines Hochhauses würde das Problem abmildern. Die Verbände haben 2008 aber dagegen gearbeitet, als sie mit der Einführung der eingleisigen dritten Liga eine riesige Etage einfach dazwischenschoben. 2012 dann wurde der viertklassige Unterbau fünf- statt dreigleisig. Das Problem ist also im wahrsten Sinne hausgemacht.

Pyramide? Nicht mit uns, sagen die Drittligisten. Sie wehren sich gegen eine zweigleisige dritte Liga, deshalb wird es wohl beim Hochhaus bleiben. Und sie hatten eigentlich zur Bedingung gemacht, dass sie vier (statt zuvor drei) Absteiger aus ihrer Klasse nur akzeptieren, wenn sich die Regionalligisten auf vier Staffeln einigen. Realistischste Lösung derzeit: Die finanziell chronisch angeschlagenen Drittligisten bekommen bei der Neuverhandlung des Grundlagenvertrags 2021 mehr Geld, dafür schlucken sie die Kröte, dass sie vier Absteiger beibehalten, obwohl es weiter fünf Regionalligen gibt.

Und dann ist endlich Ruhe? Eher nein, oder höchstens für ein paar Jahre. Die Beschwerden aus Bayern und dem Osten darüber, dass die im Südwesten und Westen mittlerweile einen Paternoster haben, werden lauter und lauter werden. Die Streitpunkte der nächsten Reformdebatte sind schon jetzt erkennbar.

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