Fußball-EM:PR-Panne für Russland

EURO 2016 - Group B Russia vs. Slovakia

Sportlich versagt: die russische Mannschaft.

(Foto: dpa)

Schlägernde Fans, steinzeitliche Fußballer: Von Russlands EM-Auftritt bleiben nur verstörende Bilder in Erinnerung - und das zwei Jahre vor der WM im eigenen Land.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

In Erinnerung bleiben der Anfang und das Ende. Die Ankunft und die Abreise. Marseille und Toulouse. Nicht einmal anderthalb Wochen genügten, um den Besuch eines Fußballturniers in ein außenpolitisches PR-Desaster zu verwandeln. Um die russische Delegation mit vielen Fragen auf die Heimreise zu entlassen, besonders jener, wie das denn werden soll in zwei Jahren, wenn Russland die WM ausrichtet?

Jetzt, da nicht mal mehr im Ansatz eine Heimelf zu erkennen ist, die das Turnier emotional beflügeln könnte. Gut, schon mancher ist im Sport nach einem Debakel auf wunderliche Weise auferstanden, aber die Bilder aus Frankreich sind mit keiner Löschtaste mehr zu tilgen. Jene letzten EM-Bilder nicht - jene aus Toulouse, in denen die Russen beim 0:3 gegen Wales einen Steinzeit-Fußball präsentierten, der ihren Vorfahren aus Sowjet-Zeiten (Europameister 1960; Finalist 1964, 1972, 1988) bestenfalls peinlich gewesen wäre. Und jene ersten EM-Bilder nicht - jene aus Marseille, in denen Anhänger der russischen Auswahl im Gassenkampf mit englischen Hooligans Hafen und Altstadt verwüsteten.

Zumal es einen Unterschied zu sonstigen an den Fußball angelehnte Straßenschlachten gab. Gelang doch den WM-Gastgebern von 2018 keine klare Distanzierung von dieser Explosion der Gewalt. Weder der Kreml noch der Kreml-nahe Fußball-Fachverband RFS setzten sich überzeugend ab von den paramilitärisch organisierten Schlägertruppen. Selbst in der Stellungnahme von Wladimir Putin klang eine in Ironie gewickelte Akzeptanz für Russlands Nahkämpfer durch. "Ich verstehe wirklich nicht", so der Staatspräsident unter Applaus bei einem Kongress in St. Petersburg, "wie 200 unserer Fans Tausende Engländer aufgemischt haben sollen."

Wie die PR-Pleite auszubügeln ist?

Zumindest in dieser Hinsicht könnte der russische EM-Kurzbesuch bei Putin, dem Judoka, für erhellende Erkenntnisse gesorgt haben. Denn wie David den Goliath, wie der Kleine den Großen in die Knie zwingen kann, wenn er bessere Fußballer und eine konsequentere Strategie hat, dafür war dieses Nulldrei am Ende eine beeindruckende Demonstration: Die offizielle Delegation der drei Millionen Waliser führte die offizielle Delegation der 150 Millionen Russen vor.

Entschieden wird im Sport halt wenig im Hafen - und fast alles auf dem Platz.

Wie die PR-Pleite auszubügeln ist? Vielleicht, indem für 2018 bald ein WM-Slogan wie dieser angeboten wird: "Die Welt zu Gast bei Freunden". Der Slogan war zwar schon mal in Gebrauch, bei der WM 2006 in Deutschland, aber eine solche Botschaft könnte Befürchtungen überwinden helfen. Nimmt sich der Gastgeber doch gewaltig selbst in die Pflicht.

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