Kommentar:Bitte kneifen

Drei knappe Niederlagen gegen überragende Teams: Die Wasserballer können aus der Weltmeisterschaft viel Selbstvertrauen ziehen.

Von Claudio Catuogno

Der Wasserballer von heute muss über eine Menge Fähigkeiten verfügen, wer wüsste das besser als Hagen Stamm, 59, der Bundestrainer, der in den 1980er-Jahren selbst der beste deutsche Wasserballer war? Der Wasserballer von heute muss die 100 Meter in 55 Sekunden kraulen können, sonst kriegt schon beim Anschwimmen immer der Gegner den Ball, weshalb Stamm auch darum wirbt, dass Schwimmer, die im 50-Meter-Becken an ihre Grenzen stoßen, den Wechsel wagen. Außerdem sind gefragt: präzises Werfen, punktgenaues Kneifen und gezieltes Austeilen von Tritten, möglichst unter Wasser, weil sonst pfeift ja der Schiedsrichter. Einstecken sollten Wasserballer ebenfalls können. Dass sich Marko Stamm, der Sohn und Spielmacher des Bundestrainers, im ersten WM-Spiel einen Bänderriss zuzog - im Wasser, wo man ja eher selten stolpert -, erzählt schon eine Menge über die Wasserballer. Dass Marko Stamm trotzdem die gesamte WM durchspielte, das erzählt den anderen Teil.

Aber am Ende werden die wirklich großen Spiele doch woanders gewonnen, weiß Hagen Stamm: "im Kopf".

So gesehen, gibt es aus dieser WM eine Menge Selbstvertrauen zu ziehen für die Olympia-Qualifikation, die nächste Aufgabe der deutschen Wasserballer. Ihr ambitioniertes Ziel, unter die besten Acht zu kommen, haben sie bereits vor dem letzten Spiel gegen Griechenland erreicht, in dem es um Rang sieben geht. In der Vorrunde hatten sie die Italiener am Rande einer Niederlage (7:8), gegen die sie noch bei der EM 1:14 verloren hatten. Im Viertelfinale gegen Weltmeister Kroatien holten sie von 3:7 auf 7:7 auf, ehe sie knapp 8:10 verloren. Und in der Platzierungsrunde gegen Olympiasieger Serbien mussten sie sich erst im Penaltywerfen geschlagen geben, 16:17. Durch "eigene Dummheit", wie der Spieler Dennis Eidner sagte, was schon ein Indiz dafür ist, dass sich so langsam doch wieder Frust in den Stolz mischt. Gegen den EM-Fünften Griechenland sollte jetzt schon mal wieder ein Sieg her. Für den Kopf.

Es hat sich viel getan bei den deutschen Wasserballern, die bei Olympia zuletzt 2008 und bei der WM zuletzt 2013 dabei waren. Nicht nur, weil Stamm übergangsweise noch mal als Bundestrainer einsprang. Auch, weil der Schwimmverband die nötigen Finanzmittel für Lehrgänge aufbrachte und mehr Spieler als zuvor über die Bundeswehr abgesichert sind. Mehr als jedes Geld dürfte aber die WM als Ansporn wirken: Weil sie gezeigt hat, dass es nicht verwegen ist, sich hohe Ziele zu setzen, nicht mal in der Nischendisziplin Wasserball.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: