Kommentar:Aufwachen nach dem Tiefschlaf

FC Ingolstadt v SpVgg Unterhaching - 3. Liga

Kämpfen ums Weiterspielen: Die bayerischen Klubs FC Ingolstadt mit Caniggia Elva (links) und SpVgg Unterhaching mit Sascha Bigalke.

(Foto: Christian Kaspar-Bartke/Getty)

Bayerns Drittliga-Klubs wollen die Saison allesamt bis zum Ende spielen. Dass jedoch etliche Konkurrenten nicht mehr weiterkicken wollen, weist auf ein Grundproblem hin.

Von Markus Schäflein

Wenn irgendwann Wirtshäuser wieder öffnen dürfen, wird sich das nicht gleich für alle Wirte lohnen. Viele Plätze müssen leerbleiben, womöglich hält sich der Ansturm der Hungrigen ohnehin in Grenzen, die Personal- und Betriebskosten laufen aber wieder auf. Dennoch wird sich kaum ein Gastronom finden, der fordert, das Betriebsverbot müsse aufrechterhalten werden - und schon gar nicht wird der Hotel- und Gaststättenverband anregen, Hotels und Gaststätten geschlossen zu halten.

So ähnlich sehen das auch die bayerischen Drittligaklubs, die kein Essen anbieten, sondern Fußball: Ein Wirtschaftszweig muss darum kämpfen, seine Tätigkeit ausüben zu dürfen. In Kurzarbeit zu bleiben und den Betrieb im Tiefschlaf zu halten, mag für etliche Drittligisten, womöglich auch für den chronisch klammen TSV 1860 München, die finanziell beste Alternative sein. Kurzarbeit bedeutet aber nicht nur, dass die Mitarbeiter finanzielle Einbußen erleiden, sondern selbstredend auch, sich an Steuergeldern zu bedienen. Dass etliche Klubs nun kein Interesse haben, ihren Betrieb wieder aufzunehmen, weist auf das Grundproblem hin: Wirtschaftlich am sinnvollsten wäre es, gar keine dritte Liga in ihrer bisherigen Kosten- und Erlösstruktur auszutragen. Ob mit Pandemie oder ohne.

Die Corona-Krise wird somit zu einer Chance für die Drittligisten: Wenn der Spielbetrieb weitergeht, dürften die Verträge von Trainern und Spielern vielerorts angepasst werden, um etwa die weiter fehlenden Zuschauereinnahmen auszugleichen. So könnte sich das Gehaltsniveau dauerhaft und auch für eine ferne Post-Corona-Zeit der Realität anpassen. Und dass ein paar Bröckchen aus den üppigen Fleischtöpfen des Bundesligabetriebs sehr wohl nach unten weitergereicht werden können, ist auch bewiesen, seit jedem Drittligisten im Falle einer Saisonfortsetzung 300 000 Euro Hilfe von den deutschen Topklubs versprochen wurden. Diese Liga muss rentabel werden - das erreicht sie aber keinesfalls, indem sie nicht spielt. Nach dem Tiefschlaf muss sie endlich aufwachen.

Die bayerischen Vertreter wollen die Saison aber nicht nur wegen all diesen Überlegungen fortsetzen - sie sehen von Würzburg bis Unterhaching auch noch die große Chance auf den Aufstieg, wie im Namen des TSV 1860 Stürmer Sascha Mölders unlängst kundgetan hat. Und die Löwen werden auch die noch größere Chance sehen, dass die Auflagen, die sie für eine mögliche Zweitliga-Teilnahme erhalten haben, in diesem irren Jahr etwas milder beurteilt werden. Vor allem, was die Frage angeht, in welchem Stadion sie spielen würden. Ein Ausnahmezustand führt nun mal zu Ausnahmen.

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