Kommentar:Auf geht's! Alle mitmachen!!

Die Welt-Anti-Doping-Agentur wählt einen neuen Präsidenten. Wie bei solchen Anlässen üblich, wird der Einzug alles Neuen von allerlei Wortgeklingel begleitet. Wie ernst darf man das nehmen?

Von Joachim Mölter

Die 5. Welt-Anti-Doping-Konferenz ist am Dienstag in der polnischen Stadt Kattowitz eröffnet worden. Was soll da groß passieren? Zum einen will die Welt-Anti-Doping-Agentur, kurz: Wada, ihren neuen Code beschließen, das überarbeitete globale Anti-Doping-Regelwerk. Zum anderen soll ein neuer Präsident gewählt werden. Witold Banka heißt der Mann, ist Pole, war früher Leichtathlet und später Sportminister. In seinem neuen Amt soll er am 1. Januar den Schotten Craig Reedie ablösen.

Wie bei solchen Anlässen üblich, wird der Einzug alles Neuen von allerlei Wortgeklingel begleitet. Der scheidende Präsident Reedie hat erwartungsgemäß seine Leistungen gelobt und von "Fortschritt, Verbesserungen und vielen komplexen Herausforderungen" geredet sowie von "einer grundlegenden Änderung der Sichtweisen". Das hört sich ja so an, als habe er ganz schön viel bewegt.

Der designierte Präsident Banka hingegen hat erst mal über den Etat von 40 Millionen Dollar geschimpft, den er zur Verfügung hat. "Ein durchschnittlicher Fußballverein hat ein größeres Budget", hat er nachgerechnet und gleich mehr Geld gefordert: "Wenn die Wada für einen sauberen Sport sorgen soll, brauchen wir ein entsprechendes Budget." Das klingt entschlossen, und Entschlossenheit kommt in der Regel bei jedem Wahlvolk gut an. Auch immer gern gehört werden solche Aufbruchstimmung erzeugende Schlager wie Bankas: "Die Zukunft des Kampfes gegen Doping beginnt heute!"

Hurra! Endlich!! Auf geht's!!! Alle mitmachen!!!!

Auch die Regierungen da hinten, wenn man Thomas Bach ergänzend hinzufügen darf. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat als Gastredner in Kattowitz gesprochen und dabei die politischen Machthaber in aller Welt ermuntert, sich stärker am Kampf gegen Doping zu beteiligen. "Der Athlet ist nicht der einzige Täter", ist Bach aufgefallen, weshalb er nun sagt: "Wir ermutigen die Regierungen, Gesetze zu erlassen, um Menschen aus dem Umfeld bestrafen zu können." Das Umfeld von dopenden und gedopten Athleten meint er.

Womit man beim Staatsdoping-Skandal von Russland angekommen wäre, den selbst Reedie als "schlimmsten Fall eines Systemversagens in der Geschichte der Anti-Doping-Bewegung" bezeichnet hat. Der Fall stürzte den Weltsport in eine Glaubwürdigkeitskrise, die vollständige Aufklärung wird von russischer Seite immer noch behindert. Wäre es der Wada und dem IOC Ernst mit dem Kampf gegen Doping, dürfte das Land nicht bei Olympia 2020 in Tokio mitmachen. Lassen die Wada und das IOC Russland aber zu, sind auch all die schönen Worte von Kattowitz wieder nur hohle Klingelei.

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