Süddeutsche Zeitung

Kohlschreiber bei den US Open:"Die Wand ist weg, das Feld ist offen"

Lesezeit: 2 min

Weil viele Favoriten verletzt sind, ist Philipp Kohlschreiber bei den US Open unverhofft in die Setzliste aufgerückt - und damit chancenreich. Im Interview erklärt er, was sich im Männertennis verändert hat.

Aufgezeichnet von Jürgen Schmieder, New York

Plötzlich war Philipp Kohlschreiber gesetzt: Nach zahlreichen Absagen (Novak Djokovic, Stan Wawrinka, Milos Raonic) rutschte der deutsche Tennisprofi kurz vor Beginn der US Open in die Setzliste. Seine erste Partie gewann er locker mit 6:1, 6:4, 6:4 gegen den Qualifikanten Tim Smyczek (USA), danach plauderte der 33-Jährige mit einer Handvoll deutscher Reporter über Verletzungen, die Entwicklung im Männertennis und seine Rolle bei diesen US Open.

Frage: Herr Kohlschreiber, sollen wir schon über das mögliche Achtelfinale gegen Roger Federer sprechen?

Kohlschreiber: Nein, so schnell geht das dann nicht.

Aber das Tableau hat sich durch den Verzicht von Murray schon verändert.

Ich hatte keinesfalls damit gerechnet, hier gesetzt zu sein. Ich liege in der Weltrangliste auf Platz 37 - und ich würde niemals jemandem eine Verletzung wünschen. Ausfälle sind immer schade für ein Turnier. Aber natürlich ist die Auslosung stets bedeutsam, weil es immer wieder passiert, dass man mit einer guten Leistung gegen einen guten Spieler verliert und sich danach denkt: 100 andere im Turnier hätte ich heute besiegt, aber diesen einen eben nicht.

Sie hätten gegen Benoit Paire spielen müssen.

Ein unangenehmer Gegner, bei dem man nie weiß, was einen erwartet. Das wäre ein typisches 50:50-Spiel gewesen. Nun hatte ich ein bisschen Glück, auf einen Qualifikanten zu treffen. Ich habe die erste Runde gewonnen und gesehen, dass auch die nächste Partie ( Anm. d Red.: gegen Santiago Giraldo, Kolumbien) machbar ist. Weiter möchte ich eigentlich noch nicht blicken. Aber ich bin zufrieden und fühle mich fit.

So schade es für ein Turnier sein mag: Die Ausfälle eröffnen einem auch Möglichkeiten.

Es hat sich viel verändert im Männertennis. Es sind bei den US Open völlig andere Spieler hoch gesetzt. Vor ein paar Jahren gab es vier Einbahnstraßen bei einem Grand-Slam-Turnier: Djokovic, Federer, Nadal, Murray - vielleicht noch Wawrinka. Dazu waren David Ferrer und Thomas Berdych über Jahre hinweg sehr konstant. Die waren alle unglaublich schwer zu schlagen bei einem Grand Slam. Jetzt ist es erstmals so, dass es keinen klaren Favoriten gibt, über den man sagen würde: Der wird es machen.

Was bedeutet das konkret?

Diese Wand ist weg, gegen die viele talentierte Akteure in den vergangenen Jahren gelaufen sind. Bei diesen US Open können nun viele Spieler sehr weit kommen und sich auch für die ATP-Finals in London qualifizieren. Das Feld ist völlig offen. Die Qualität ist weiterhin sehr hoch, aber es gibt eben nicht mehr diese überragenden Typen. Das liegt vielleicht auch am Alter.

Ist das auch eine Chance für Sie?

Natürlich, da brauchen wir gar nicht diskutieren. Es ist für viele Spieler die Möglichkeit da, weit zu kommen - auch für mich.

All die Ausfälle, ist das nur Zufall?

In dieser Masse vielleicht schon, da kommt viel zusammen. Andererseits muss man auch sagen: Wir werden nun mal alle nicht jünger.

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