Präsident Spinner tritt zurück:Ein klassisches Kölner Intrigenstück

1 FC Köln - Sportdirektor Armin Veh und Präsident Werner Spinner im Oktober 2018

Ganz so knuddelig wie im Oktober 2018 war das Verhältnis zwischen Manager Armin Veh und FC-Präsident Werner Spinner zuletzt nicht mehr.

(Foto: Herbert Bucco/imago)
  • Der 1. FC Köln steht an der Spitze der zweiten Liga und liegt voll im Plan beim Vorhaben Wiederaufstieg.
  • Doch intern wird der Klub von Machtkämpfen erschüttert. Sportdirektor Armin Veh setzt sich in einem offenen Duell gegen Präsident Werner Spinner durch.
  • Ob nun Ruhe einkehrt, ist fraglich. Auch die Arbeit von Trainer Markus Anfang sieht Veh kritisch.

Von Philipp Selldorf, Köln

Für die Regierungskrise beim Zweitligisten 1. FC Köln hatte Mittelfeldspieler Marco Höger am Aschermittwoch nur ein Lächeln übrig: "Ich kenne das aus fünf Jahren Schalke wesentlich schlimmer", stellte er nach dem Training am Geißbockheim unbeschwert fest. Ohnehin offenbarte der 29-jährige Profi ein erfreuliches Vertrauen in die Vernunft und Weisheit der Kölner Stammesführer: "Wenn da Redebedarf ist - ich glaube, die Herren sind erwachsen genug ...", mutmaßte Höger.

Mit diesen heiteren Sätzen hatte er gewissermaßen das Vorwort zu den Geschehnissen gesprochen, die am Nachmittag folgen sollten. Heiter ging es dabei allerdings nicht zu. Nachdem die Klein- und Großfunktionäre des Klubs in der Zentrale des Hauptsponsors den dringendsten Redebedarf gestillt hatten, stand der 1. FC Köln ohne Präsident da: Werner Spinner, 70, reichte seinen Rücktritt ein und zog damit die Konsequenz aus Differenzen, die sich über Monate angestaut hatten und am Sonntag durch Sportchef Armin Veh so zielbewusst wie ungeniert in die Öffentlichkeit getragen worden waren.

Nach dem 2:1-Sieg des FC in Ingolstadt hatte der 58 Jahre alte Manager ohne Rücksicht auf die Friedenspflicht während der Karnevalstage einen Großkrach innerhalb des Hauses enthüllt - samt angeblich "irreparablem" Vertrauensverlust. Den Namen seines Widersachers nannte Veh dabei zwar nicht. Aber alle wussten, dass er Spinner meinte. Dem Kölner Publikum kam es angesichts des zugespitzten Konflikts vor, als müssten sich Veh und Spinner nun wie zwei Revolvermänner zum Duell auf die Hauptstraße begeben.

Manches, was seitdem beim FC passiert ist, war schon wieder auf kölsche Art lustig. Dass den FC-Spielern auf ihrem roten Doppeldecker im Rosenmontagszug die Kamelle ausgingen; dass Veh am größten Kölner Feiertag das Kostüm eines schwarzen Schafs überzog; oder dass der Rauch der Nürnberger Rostbratwürstchen, die am Aschermittwoch zu Ehren von Torwart Timo Horn vor der Kabine gegrillt wurden, einen Feuerwehreinsatz auslöste. Aber der Kampf hinter den Kulissen hatte mit rheinischer Folklore nichts zu tun, hier handelte es sich um eines jener Intrigenstücke, die in der Kölner Vereinsgeschichte immer wieder aufgeführt worden sind.

Der Präsident meldet resignierend seinen Rückzug an

Auf der finalen Sitzung des gemeinsamen Ausschusses - dem zentralen Entscheidungsorgan des Vereins - sah sich Spinner zu seiner Überraschung einer konzertierten Opposition gegenüber. Zur Allianz der Gegner zählten außer den (nicht anwesenden) Geschäftsführern Armin Veh und Alexander Wehrle (Finanzen) auch gewählte Funktionäre des Klubs. Letztlich, so heißt es, habe sich nur Vizepräsident Toni Schumacher an Spinners Seite gestellt.

Und so meldete der Präsident resignierend seinen Rückzug an. Versuche, ihn zum Bleiben bis Saisonende zu bewegen, wies er zurück, eine Friedensinszenierung wollte er nicht. Seit 2012 hatte Spinner dem Verein vorgestanden und sich in den schwierigen ersten Jahren um die Rettung des damals nach einem Abstieg kurz vor dem Exitus stehenden Vereins verdient gemacht. Bis zur Europacup-Teilnahme 2017 mit Trainer Peter Stöger und Sportchef Jörg Schmadtke war Spinners Ära von Glück und Gelingen geprägt, dann folgten der Abstieg und unschöne Querelen.

Doch auch Armin Veh kam nach dem Krisentreffen nicht unbeschädigt davon. Das Gremium verzichtete auf die diskutierte Abmahnung, hielt aber ausdrücklich ein "Missfallen" über die unzweideutigen Äußerungen des Managers am Karnevalssonntag fest, was man Veh auch "eindeutig mitgeteilt" habe. Wer Veh und dessen Empfindlichkeit ein wenig kennt, der weiß, dass er solche Zurechtweisungen durch die Obrigkeit nicht schätzt. Andererseits darf er sich zumindest über den gewonnenen Machtkampf freuen - hätte sich Spinner durchgesetzt, wäre er wohl die längste Zeit Sportchef des FC gewesen.

Die Auseinandersetzung zeigt, dass beim 1. FC Köln nicht die Stimmung herrscht, die üblicherweise einen Tabellenführer auf dem Weg zum geplanten Wiederaufstieg begleitet. Trotz dreier Siege in Serie ist die Nervosität im Verein groß. Auf die Arbeit von Trainer Markus Anfang hat dessen Vorgesetzter Veh schon lange ein äußerst kritisches Auge, der Manager gibt sich auch keine Mühe, diese unterschiedlichen Auffassungen zu verbergen, weder vor den Spielern noch vor dem Publikum. Dieser belastende Gegensatz zwischen dem jungen Trainer Anfang und dem alten Trainer Veh an der Spitze des Profiteams war nicht der einzige Grund für die Kontroverse zwischen Veh und Spinner, aber ein zentraler Punkt.

Für weiteren Konfliktstoff im Verein ist aber schon gesorgt. Noch amtiert Spinner als Präsident, seine Zeit endet erst, wenn in der nächsten Woche ein Vertreter des Mitgliederrats an seine Stelle treten wird. Dieses Gremium hatte Spinner einst eingerichtet, um die Vereinsgemeinde demokratisch an den Entscheidungen zu beteiligen. Dahinter stand ein idealistischer Gedanke, doch just jene Volksvertreter gerieten bald zu den größten vereinsinternen Widersachern nicht nur des Präsidenten, sondern auch der handelnden Personen im operativen Geschäft. Schon Schmadtke hatte seine Probleme mit den kritischen Mitgliederfunktionären, auch sein Nachfolger Veh schimpfte auf "die Vollamateure", die sich anmaßten, seine Pläne in Frage zu stellen. Einer dieser Vollamateure wird nun der nächste Präsident.

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