1. FC Köln:Endlich lächelt Anfang

1. FC Köln - Trainer Markus Anfang

Ein Gesichtsausdruck, den man bei Köln-Trainer Markus Anfang eine Zeit lang vermisste.

(Foto: dpa)
  • Am Abend trifft Trainer Markus Anfang mit dem 1.FC Köln im DFB-Pokal auf den FC Schalke 04.
  • Auch wenn Anfang gebürtiger Kölner ist, verbrachte er seine Spieler- und Trainerkarriere fast ausschließlich außerhalb der Stadt.
  • Entsprechend ungewohnt waren für ihn bei seiner Ankunft manche Gepflogenheiten im Verein - Sportchef Armin Veh musste Anfang erst einmal bremsen.

Von Philipp Selldorf, Köln

Auf seinen Wanderjahren durch den Profifußball hat Markus Anfang, heutzutage Cheftrainer des 1. FC Köln, auch in Gelsenkirchen Station gemacht. Seine detailgetreuen Erinnerungen qualifizieren ihn für die königsblaue Quiz-Show, auf Anhieb vermag er zwanzig Jahre und sieben Monate später zu sagen, wer für Schalke 04 im Uefa-Cup-Viertelfinale gegen Inter Mailand das Ausgleichstor erzielte (Michael Goossens), und wer in der Verlängerung den Schalkern den Garaus bereitete (Taribo West), und den Hinspiel-Schützen hat er selbstredend auch parat ("der echte, der dicke Ronaldo"). Gern denkt Anfang, 44, auch an Rudi Assauer zurück, den Manager, der ihn immer zu sich rief, wenn er am Büro vorbeikam und die Tür offen stand. Assauer bot dann einen Stuhl an und erkundigte sich väterlich nach dem Befinden, verzichtete aber darauf, dem Besucher aus dem Lizenzspielerkader eine Davidoff Grand Cru anzubieten.

Es ist schon ein bisschen kurios, dass Anfang über den Gegner des Pokalspiels am Mittwoch in Müngersdorf aus eigener Anschauung mehr zu berichten weiß als über den Klub aus seiner Heimatstadt, den er seit Kindertagen verehrt und dessen Profiteam er betreut. Anfang hat beim KSV Heimersdorf am nördlichen Stadtrand gekickt sowie bei Bayer Leverkusen und Fortuna Düsseldorf, er war auf Schalke, in Kaiserslautern und Innsbruck aktiv und trainierte in Kapellen am Niederrhein und beim Zweitligisten Holstein Kiel, aber dass im Sommer überall geschrieben stand, er kehre nun endlich heim ans Geißbockheim, das entsprach, obwohl es so logisch zu sein schien, nicht den Tatsachen.

Mancher Kölner hatte schon befürchtet, dass die emotionale Komponente bei Anfangs - erstmaliger - Vereinigung mit dem FC ein wenig überhandnehmen könnte. Diese Sorge war jedoch nicht nötig. Eher wirkte es zunächst so, als ob der neue Trainer seinen Job mit besonders strenger Akribie versehen würde, für Lockerheit und Heiterkeit im Haus war stattdessen der zugewanderte schwäbische Sportchef Armin Veh zuständig. Markus Anfang setze sich nicht dem Vorwurf aus, "gefallsüchtig" zu sein, bemerkte der Kölner Stadt-Anzeiger. Mancher Beobachter, verwöhnt durch den Charme und Witz des Vorvorgängers Peter Stöger, wunderte sich über Anfangs oft einsilbige und manchmal barsche Art, die den üblichen Erwartungen an ein rheinisches Gemüt nicht genügen wollte.

Seit ein paar Wochen zeigt sich der Coach von der freundlicheren Seite, was mit der aktuellen Ergebniskrise zu tun haben könnte (zwei Punkte aus drei Spielen sind natürlich zu wenig für den erklärten Aufstiegsfavoriten der zweiten Liga), vielleicht aber auch mit Eingewöhnung und Anpassung. Manches hat Anfang in Köln lernen müssen. Zum Beispiel, dass er es nicht übertreiben sollte mit dem Fleiß: "Armin fragt mich immer, was ich am Morgen am Geißbockheim zu suchen hätte, wenn wir erst um 18 Uhr Training haben."

Das Generationenloch zwischen Sportdirektor Veh und Trainer Anfang ist unüberhörbar

Nachdem der Klub bereits die ersten Kontakte hergestellt hatte, war es der Sportchef Armin Veh, 57, der Anfang aus Kiel nach Köln holte. Anfang ist der Trainer seiner Wahl. Die Zusammenarbeit sei sehr eng, betonen die beiden mit einer Dringlichkeit, als seien daran bereits öffentlich Zweifel geäußert worden (was nicht der Fall ist). Ein gewisses Generationenloch zwischen den Protagonisten ist allerdings unüberhörbar. Veh erklärt sich gern zum Vertreter der alten Schule ("Wir haben früher mehr Fußball gespielt und weniger analysiert") und macht sich mit Vorliebe über das neue deutsche Fußball-Wörterbuch lustig: "Wir haben tausend neue Begriffe - aber leider spielen wir dadurch nicht besser."

Anfang hingegen referiert aus dem Stand über die neuerdings verbesserte "Restverteidigung" und seine Reform der klassischen Raumdeckung hin zur gemischten Raum- und Manndeckung "auf der ballnahen Seite". Mit seinen neuen Methoden schien der FC schon auf geradem Weg zurück in die erste Liga zu sein, zuletzt häuften sich aber die Beschwernisse, und das Publikum begann zu murren. "Wir wussten vorher, dass es ein schwerer Weg werden würde", sagt Anfang nun. Veh versichert, die jüngsten Rückschläge machten ihn "nicht nervös".

Gegen etwas Spaß am Fußball hätte in Köln niemand etwas einzuwenden

Womöglich hat der Fußballkonservative Veh, der sofort Einspruch einlegt, wenn ein Reporter statt Strafraum oder Sechzehner "Box" sagt, mit dem Reformtrainer Anfang mehr gemeinsam, als die rhetorischen Unterschiede vermuten lassen. Beide eint der Vorsatz, spielerisch gewinnen zu wollen, und gegen Schalke wird Markus Anfang seine Spieler mit einer Devise ermuntern, mit der sich auch Veh sofort identifizieren kann. "Die Jungs sollen rausgehen und Spaß haben am Fußball", wird der Trainer den Spielern sagen, denn es ist das, was er ihnen immer sagt. Die Kölner Anhänger hätten allerdings nichts dagegen, wenn auch sie wieder etwas mehr Spaß hätten in Müngersdorf.

Vielleicht gar so wie beim vergangenen Pokal-Duell im eigenen Stadion mit den Schalkern, im Herbst 2006. Auch damals war der FC zweitklassig, lieferte aber ein hinreißendes Match und gewann nach verdaddelter 2:0-Führung noch 4:2 nach Verlängerung - angetrieben von dem später nach Australien ausgewanderten Thomas Broich in seinem wohl besten Match auf deutschem Boden.

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