Aufstieg in die Bundesliga:Köln ist nur bedingt nach Volksfest zumute

SpVgg Greuther Fürth - 1. FC Köln

Am Ende des langen Weges angekommen: Kölns Spieler (in der Mitte Torjäger Simon Terodde) feiern nach dem 4:0-Erfolg bei der SpVgg Greuther Fürth beschwingt den vorzeitig geschafften Aufstieg in die erste Bundesliga - der sechste für Köln seit 2000.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Der 1. FC Köln steigt nach dem 4:0 in Fürth wieder in die Bundesliga auf.
  • Zum Hauptdarsteller der Saison hat sich neben Schützenkönig Simon Terodde der Angreifer Jhon Cordoba entwickelt.
  • Das Innenleben des Vereins ist jedoch aufgewühlt. Die Klubführung ist nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Werner Spinner gespalten.

Von Philipp Selldorf, Köln

Im Fall besonderer Erfolge des ersten Fußballklubs der Stadt gehört es zu den Kölner Bräuchen, die Plastik "Ruhender Verkehr" auf dem Hohenzollernring zum Mittelpunkt der Freudenfeier zu machen. Die Leute springen dann singend und biertrinkend auf dem Kunstwerk herum, während drum herum die Autos hupen, aber es braucht kein Denkmalschützer einzuschreiten, weil es sich bei dem Artefakt um einen robust in Beton eingegossenen Opel Kapitän aus dem Jahr 1960 handelt, der solche Manöver problemlos verkraftet. So kamen also auch am Montagabend um elf die Kunstfrevler zusammen, um nach dem 4:0 des 1. FC Köln in Fürth den Aufstieg in die erste Liga zu begehen.

Allzu viele Anhänger waren es allerdings nicht, die auf dem grauen Koloss tanzten, und auch der Autocorso auf dem Ring-Boulevard zeugte von lediglich verhaltener Ausgelassenheit. Der Sieg, der Aufstieg und Zweitliga-Meisterschaft besiegelte, war eine Pflichtübung, seine emotionale Wirkung gering.

Im fernen Frankenland haben die Kölner Spieler natürlich trotzdem hübsch gefeiert und bis in den Morgen manches mitgebrachte Kölsch getrunken, bevor es anderntags im "Partybus" getauften Teamgefährt nach Hause ging. Mittendrin Trainer André Pawlak, der den Job erst seit einer Woche ausübt, nachdem Sportchef Armin Veh den bisherigen Coach Markus Anfang seines Postens enthoben hatte. Veh behauptete, die Entlassung sei wegen der akuten Gefährdung des Saisonziels "absolut aus Notwendigkeit geschehen" - eine dramatische Darstellung, die mit dem objektiven Tatbestand wenig zu tun hatte. Zwar genoss der sensible und stets etwas zu verbissene Anfang im rheinischen Publikum trotz formeller Pflichterfüllung - der FC steht seit Monaten solide auf dem ersten Aufstiegsplatz - wenig Vertrauen. Dass ihn sein Chef nun aber um das Erlebnis der Aufstiegsfeier brachte, das fanden dann doch viele Kölner herz- und stillos.

Es sei für Markus Anfang "kein großer Schaden", meint Veh. Markus Anfang dürfte das sicherlich anders sehen.

Bevor er Pawlak, bis dahin Trainer des Kölner Regionalliga-Teams, die Profi-Elf anvertraute, hatte Veh auf dem Weg zum Saisonziel "eine Krise zu viel" ausgemacht. Doch die Probleme handelten, anders als beim Leidensgenossen Hamburger SV, dessen Leiden nicht enden will, eher von temporären Ergebniskrisen als von sportlichen Krankheitszuständen. Die Kölner Mannschaft, die dank überlegener Finanzkraft schon in der Abstiegssaison für den sofortigen Wiederaufstieg formiert worden war, dominierte den Zweitligabetrieb; der Aufstieg sei nicht verdient, wie der Fürther Trainer Stephan Leitl mehrfach hervorhob, sondern "hochverdient".

Zum Hauptdarsteller der Saison hat sich neben Schützenkönig Simon Terodde der Angreifer Jhon Cordoba entwickelt, der im Vorjahr vom Publikum noch mit besonderer Verachtung gestraft wurde, weil er den FC 17 Millionen Euro Ablöse gekostet hatte. Dass er dafür nichts konnte, hat sich allmählich rumgesprochen, und dass er eine Menge kann, das hat man nun auch wieder gesehen. In Fürth schoss er drei Tore. Die 17 Millionen könnten sich die Kölner jetzt auf dem Transfermarkt zurückholen - wollen sie aber nicht, denn Cordoba ist Teil des designierten Paradesturms, dem auch der französische Volksheld Anthony Modeste angehören wird.

Das aufgewühlte Innenleben des Vereins

Dass den Kölnern am Montag entgegen der herrschenden Sitten in der Stadt nur bedingt nach einem Volksfest zumute war, liegt auch daran, dass sich viele FC-Sympathisanten Sorgen um ihren Klub machen. Dabei geht es weniger um den Sport und um die Person des neuen Trainers - Pawlak fungiert nur interimsweise -, als um das aufgewühlte Innenleben des Vereins. Die Klubführung ist nach dem Rücktritt des langjährigen Präsidenten Werner Spinner gespalten, die Macht ist im komplexen Gefüge der Gremien vom Präsidium auf den Mitgliederrat übergegangen.

Die Gründung dieses Ausschusses hatte Spinner im idealistischen Glauben an den Segen der Demokratie ins Werk gesetzt, was er inzwischen als naiven Irrtum bereuen dürfte, denn nun wird in eben jenem Mitgliederrat auf wenig demokratische Art die Politik gemacht, die über die Besetzung des nächsten Vorstands bestimmt. Im September finden die Wahlen statt. Kenner rechnen, nachdem nun der Aufstieg geschafft ist, mit dem Anbruch unruhiger Zeiten beim FC. Bisher haben die beteiligten Parteien eine Art Friedenspflicht eingehalten.

Im Hinblick auf eine geordnete Erstliga-Planung sind das beunruhigende Aussichten, denn da auch die beiden Geschäftsführer Armin Veh und Alexander Wehrle ins politische Geschehen verwickelt sind, beschränkt sich der Machtkampf nicht auf die abstrakte Funktionärsebene, sondern wirkt geradewegs ins operative Geschäft hinein - und damit bis in die Spielerkabine. Bemühungen vermeintlich einflussreicher Kreise, den populären CDU-Politiker und FC-Fan Wolfgang Bosbach zum Kompromiss-Präsidenten zu küren, haben offenkundig keine Aussicht auf Verwirklichung. Auch für den Restvorstand mit FC-Idol Toni Schumacher und dem früheren Karnevalschef Markus Ritterbach soll es nach dem Willen der Mitgliederräte keine Zukunft geben. Schumacher und Ritterbach erwägen daher eine Kandidatur via Mitgliederentscheid, sie müssten dafür die Unterstützung von drei Prozent der 107 000 Mitglieder einwerben. Der Wahlkampf-Sommer könnte spannender werden als die Zweitliga-Saison.

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