Süddeutsche Zeitung

Champions League:Quittung für die Dagoberts

Nach ihrem ungeplanten Scheitern in der Champions League müssen sich zwei englische Topklubs eingestehen: Geld regiert doch nicht immer die (Fußball-)Welt. Um den Titel werden wohl trotzdem wieder die üblichen Verdächtigen spielen - denn Trophäen schlagen leider immer noch jedes noch so vernünftige Argument.

Andreas Burkert

Es hat in Manchester natürlich geregnet am grauen Donnerstagmorgen, als die Menschen erwachten nach einer Nacht voller Albträume: Ihre beiden Klubs sind tatsächlich nicht mehr in der Champions League dabei. Die K.-o.-Runde findet zwar mit Basel, Nikosia und Leverkusen statt - doch City und United sind zum Fußvolk versetzt worden, in die Europa League.

"Manchesters Nacht des Jammers", klagte der Guardian, doch überall sonst auf der Welt wird das denkwürdige Gruppen-Finale leise Freude ausgelöst haben. Denn dieser Abend hat ein paar Sehnsüchte bedient. Die Sehnsucht nach dem Triumph der Leidenschaft und nach etwas Gerechtigkeit.

Lyons Mirakel von Zagreb sollte man sicherheitshalber nicht unter diesen Rubriken verbuchen; der Fußball hat im vergangenen Jahrzehnt viel seiner Faszination eingebüßt, nicht nur wegen anrüchiger Spielausgänge. Das Spiel ist mancherorts zu einem absurden Milliardengeschäft verkommen, in dem Oligarchen und andere Dagobert Ducks die Strippen ziehen - indem sie die Tür zum Tresor so häufig benutzen wie unsereins die Tür zur Toilette.

Dass nun das immerhin profitable Schwergewicht ManUnited bei einer verschworenen Gruppe aus Basel die Quittung präsentiert bekam für eine offenkundig missratene Renovierung eines Erfolgsteams, darf deshalb als ebenso tröstlich bezeichnet werden wie das Aus von City. Beim neureichen Arbeiterklub mag der Begriff der Stunde, die Schuldenkrise, unbekannt sein. Doch nicht mal der Scheich aus Abu Dhabi hat seinem Hobby ein sportliches Wunder spendieren können.

Ob diese Fakten einen Trend begründen, lässt sich kaum vorhersagen. Auch Italiens jüngste Baisse war ja bereits mit südländischem Hasardeurtum erklärt worden, nun ist die Serie A aber doch wieder mit drei Teams unter den letzten 16 vertreten. Und gerade jemand wie der ergraute United-Regent Alex Ferguson hat aus Rückschlägen schon einmal die Kraft gezogen, das nächste Revirement zu schaffen.

Doch angesichts des nahenden Financial Fair Play, das zu maßvollem Wirtschaften anhalten soll, ist es keine schlechte Nachricht, dass die prominenten Verlierer von heute übermorgen vielleicht doch nicht mit bewährt aggressivem Kaufverhalten auf ihre Enttäuschung von gestern reagieren können.

Die Trophäe werden nichtsdestotrotz stets Dieselben stemmen. Der FC Barcelona und Real Madrid, diese vielleicht charmantesten Geldvernichter, bleiben auch jetzt die Favoriten. Doch gerade der FC Bayern, der gern auf seine seriöse Buchhaltung verweist, könnte diesmal seinem Weg zu noch mehr Ansehen verhelfen, eine günstige Auslosung vorausgesetzt.

Nach Barça und Real dürfen die Münchner neben Milan als nächste Anwärter auf den Titel gelten. Und Trophäen, das weiß gerade die schwarze Zahlen predigende Bundesliga, schlagen jedes noch so vernünftige Argument. Der bisher letzte deutsche Europacup-Triumph, jener der Bayern in der Champions League, liegt nun schon ein Jahrzehnt zurück.

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Quelle:
SZ vom 09.12.2011/mkoh
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