Süddeutsche Zeitung

Fußball:Die Klub-WM ist nur ein Köder

Fifa-Chef Infantino nutzt den unbedeutenden Wettbewerb, um risikofreudige Kapitalisten anzulocken. Das ist nur die Möglichkeit, sich in ein viel größeres Abenteuer einzukaufen.

Kommentar von Thomas Kistner

Probelauf in Doha, dort spielt an diesem Samstag der FC Liverpool gegen den Südamerika-Meister Flamengo Rio de Janeiro. Es ist das Finale der Klub-WM, sie soll Erkenntnisse liefern für die Fußball-WM 2022 in Katar und nebenbei für den Weltverband Fifa einen wichtigen Fingerzeig: Wie attraktiv ist die Klub-WM? Ist noch was zu retten?

Tatsächlich findet der Wettbewerb am Rande der Wahrnehmung statt. Die Champions aus Europa und Südamerika setzten sich erwartungsgemäß locker gegen Al-Hilal bzw. Monterrey/Mexiko durch; mitgekickt hatten auch Esperance Tunis und Al-Saad aus Katar. Wenigstens das Finale soll etwas Spektakel bringen, nur kollidiert es dummerweise mit dem Spieltag der internationalen Ligen. Auch in Doha sind die Fans nicht aus dem Häuschen. Der Stimmungspegel entsprach der Tea-Time-Atmosphäre bei der Leichtathletik-WM, die ja kürzlich ebenfalls dort ablaufen musste. Musste - das gilt für Events, die auf, sagen wir, mysteriösen Funktionärsbeschlüssen gründen.

Bei der Klub-WM lässt sich immerhin anfügen, dass sie im Fußball noch nie eine zentrale Rolle spielte. Daran wird auch die nächste Auflage nichts ändern. Sie steht Mitte 2021 in China an, dann sind 24 Klubs dabei, was am Kernproblem nichts ändert. Globales Interesse erwecken allein die acht Teams aus Europa; oder einige davon, denn sicher sind nur drei, vier große Namen dabei, die übrigen werden aus der Europa League kommen. Hinzu addieren sich ein, zwei Traditionsklubs aus Südamerika, den Rest des Tableaus füllen Vereine der Güteklasse Al-Hilal bis Al-Saad. Respektable Klubs, gewiss, die abseits ihrer regionalen Anhängerschaft aber keine Hysterie auslösen.

Eine Klub-WM wird nie ein Hingucker sein, solange sich Rang und Namen in Europa tummeln und die sprudelnden Transfer-Pipelines immer neue Talente aus der Dritten Welt nach London oder Madrid spülen. So ist das Geschäft. Das ist aber nicht Europa vorzuwerfen. Im Übrigen wäre es ja obszön, wenn Klubs in Afrika, Asien oder Lateinamerika im Angesicht ihrer bettelarmen Fans Spielerkäufe für Hunderte Millionen tätigen würden. Eigentlich müsste gerade die Fifa eine bessere Balance schaffen, stattdessen schafft sie lieber Anreize für schräge Funktionäre - so konnte Präsident Gianni Infantino jüngst sogar ganz Afrika der Fifa unterwerfen. Den Erdteilverband Caf lenken heute seine Vertrauten.

Infantino flog schon einmal mit Allmachtsplänen auf

Bleibt zur Klub-WM noch zu sagen: Am Donnerstag endete eine Pro-forma-Ausschreibung der Fifa für die Rechte am Turnier 2021. Tatsächlich aber barg diese nur einen Köder für risikofreudige Kapitalgeber, sich durch die Hülle dieses Nicht-Events in ein ganz anderes, viel größeres Abenteuer einzukaufen. Infantino wünscht nämlich eine globale Superliga mit allen Großklubs, losgelöst von den Verbandsstrukturen, die er so hasst. Sie kontrollieren und bremsen ihn.

Der Trick sieht so aus: Klub-WM ist ja auch, wenn in kontinentalen Superligen nur die besten Vereine spielen - und ihren Weltmeister alljährlich in einem Finalturnier ermitteln. Denn nur ein solches Format kann Investoren Irrsinnsgelder entlocken; die Branche raunt bereits von einer 15-Milliarden-Dollar-Offerte. Sollte die Fifa also bald ein solches Angebot präsentieren, wäre der Begriff "Klub-WM" allein das Etikett auf einer Mogelpackung, die den Fußball spalten soll.

Schon einmal flogen Infantinos Allmachtspläne auf, als er die Fifa-Rechte mit den Milliarden obskurer Investoren in eine Firma umleiten wollte, die seiner Aufsicht unterstanden hätte. Sein Motiv hinter all den Rochaden ist nur zu vermuten: Infantino will am Ende über alle Kronjuwelen des Fußballs herrschen. Sie könnte also doch von großem Wert sein, diese Luftballonhülle namens Klub-WM.

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SZ vom 21.12.2019/tbr
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