5000-Meter-Läuferin Klosterhalfen:25 Sekunden schneller als zuvor

Leichtathletik - DM

Konstanze Klosterhalfen hat den deutschen Rekord im 5000m-Finale der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften nicht nur gebrochen. Sie hat ihn pulverisiert.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • 5000-Meter-Läuferin Konstanze Klosterhalfen stellt bei den deutschen Meisterschaften alle anderen Sportlerinnen und Sportler in den Schatten.
  • Sie pulverisiert auf dem Weg zum Meistertitel den deutschen Rekord.
  • Ihre Leistungssprünge resultieren aus dem Wechsel in die USA, der allerdings kritisch beäugt wird.

Von Joachim Mölter, Berlin

Es hat nicht lange gedauert, bis die 26 200 Zuschauer im Berliner Olympiastadion wussten, dass sie gerade einem bemerkenswerten Ereignis beiwohnten bei diesen deutschen Leichtathletik-Meisterschaften. Diejenigen, die sich ein wenig mit den Mittelstrecken auskennen, ahnten es spätestens drei Minuten nachdem am Samstagabend das 5000-Meter-Finale der Frauen gestartet war, nämlich in dem Moment, als die erste Zwischenzeit auf der Anzeigetafel aufleuchtete, nach 1000 Metern: Dass da jemand Jagd auf den deutschen Rekord machte.

2:54,88 Minuten hatte die 22 Jahre alte Konstanze Klosterhalfen von Bayer Leverkusen für den ersten Kilometer gebraucht, und die Fachleute wussten: Wenn sie dieses Tempo beibehielte, würde der deutsche Rekord in Gefahr sein, den die Frankfurterin Irina Mikitenko vor 20 Jahren beim Istaf auf genau der gleichen Bahn auf 14:42,03 Minuten festgesetzt hatte. Erstaunlicherweise hielt Klosterhalfen diese Geschwindigkeit aber nicht nur bei, sie beschleunigte am Ende sogar noch, den letzten Kilometer legte sie in 2:49,20 Minuten zurück. Damit verbesserte sie den 5000-Meter-Rekord nicht bloß, sie pulverisierte ihn geradezu. In 14:26,76 Minuten unterbot Klosterhalfen die bisherige Marke gleich um 15 Sekunden. "Ich wollte nur schnell laufen und dann schauen, was geht", sagte sie nach ihrem Meisterstück. "Ich bin superhappy, dass das so geklappt hat. Die letzten zwei Runden gingen zwar schon ein wenig in die Beine, aber ich habe gedacht, jetzt nur noch laufen und alles geben", sagte sie.

Klosterhalfen hatte vom Startschuss weg Dampf gemacht und bereits nach 200 Metern rund zehn Meter zwischen sich und die Ulmerin Alina Reh gelegt - die einzige ihrer 25 Konkurrentinnen, die sie während des Rennens nicht überrundete. Reh, immerhin die U23-Europameisterin über 10 000 Meter, kam 53 Sekunden nach der Siegerin ins Ziel, sichtlich frustriert. "Konstanze war heute Weltklasse", sagte sie, "und ich war einfach nur Regionalliga."

Acht Läuferinnen stellten persönliche Bestmarken auf

Ganz so schlecht war die Konkurrenz aber nun auch wieder nicht. Im Finale stellten acht weitere Läuferinnen noch persönliche Bestmarken auf. Aber keine war gleich um 25 Sekunden schneller als zuvor, so wie Konstanze Klosterhalfen. Die hatte im Juni schon den ebenfalls von Mikitenko gehaltenen deutschen Rekord über 3000 Meter um mehr als zehn Sekunden auf 8:20,07 Minuten gedrückt.

Diese Leistungssprünge resultieren aus Klosterhalfens Wechsel in die USA, in Portland im US-Bundesstaat Oregon trainiert sie seit vergangenem Herbst beim "Nike Oregon Project" mit, einem kleinen Kreis von Läufern, die speziell vom amerikanischen Sportartikelunternehmen gefördert werden. Dort laufe sie nicht unbedingt mehr als zuvor in Deutschland, "aber schneller", erzählte sie. In Portland haben die Läufer paradiesische Bedingungen, es ist allerdings so, dass das Projekt etwas in Verruf geraten ist, seit die amerikanische Anti-Doping-Agentur gegen den Chefcoach Alberto Salazar ermittelt.

Wie auch immer: Mit ihrem fulminanten Rekordlauf stellte Konstanze Klosterhalfen alle anderen Entscheidungen des ersten Wettkampftages in den Schatten, selbst das 100-Meter-Finale der Frauen, das als Höhepunkt gedacht und deswegen ans Ende der Veranstaltung gelegt worden war. Die Sprinterinnen enttäuschten keineswegs, die neue Meisterin Tatjana Pinto (Paderborn) rannte in 11,09 Sekunden so schnell wie lange keine 100-Meter-Meisterin mehr. "Das war die Kirsche auf der Sahnetorte", meinte Pinto, die damit eine neue deutsche Jahresbestleistung aufstellte und sich wieder ihrer Bestzeit aus dem Jahr 2016 (11,00) näherte. Selbst Titelverteidigerin Gina Lückenkemper (SCC Berlin), immerhin die EM-Zweite von 2018 an gleicher Stelle, kam da nicht mehr mit. Die 22-Jährige rettete sich in 11,20 Sekunden gerade noch vor Weitsprung-Spezialistin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz/11,21) und der Lokalmatadorin Lisa Marie Kwayie (Neuköllner SF/11,22) als Zweite ins Ziel. "Endlich mal wieder eine Meisterschaft, bei der Feuer gemacht wird", hatte Lückenkempers Trainer Uli Kunst bereits vor den Titelkämpfen prophezeit. Er sollte Recht behalten, nicht nur, was den Sprint betraf. Für die längste Lauf-Entscheidung dieser Titelkämpfe galt das freilich noch viel mehr.

Zur SZ-Startseite

Deutsche Meisterschaften
:Drei Wege zum Olymp

Malaika Mihambo verlässt ihr Nest nicht, Gina Lückenkemper tritt sich selbst in den Hintern - und Konstanze Klosterhalfen macht bei einem umstrittenen Projekt mit: Drei Leichtathletinnen, die auf sehr unterschiedlichen Wegen zum Ziel kommen wollen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: