ManCity gegen Liverpool:Klopp und Guardiola machen gemeinsame Sache

Premier League - Manchester City v Liverpool

Klopp und Guardiola hatten sich vergangene Saison mitunter mal beharkt - diesmal begrüßten sie sich in aller Freundlichkeit.

(Foto: Martin Ricket/Reuters)

Zähes Spiel, verärgerte Trainer: Beim 1:1 seines FC Liverpool gegen City beklagt Jürgen Klopp den nächsten Verletzten - Pep Guardiola verlässt grußlos die Presserunde nach der Partie.

Von Sven Haist, London

Nacheinander kümmerten sich die Trainer Pep Guardiola und Jürgen Klopp um das Wohl von Trent Alexander-Arnold. Mitfühlend streichelte Guardiola dem humpelnden Rechtsverteidiger des FC Liverpool am Seitenrand über den Kopf, bevor Klopp seinen Schützling besorgt in den Arm nahm.

Nach einer Stunde hatte Alexander-Arnold, 22, bei einem knackigen Sprint an der Außenlinie die Verfolgung seines Gegenspielers Raheem Sterling abrupt eingestellt und sich im strömenden Regen von Manchester auf den eiskalten Rasen niedergelassen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht fasste sich der englische Nationalspieler an die rechte Wade. Die Diagnose war offenkundig: Muskelprobleme, wochenlange Pause, Absage für die anstehenden Länderspiele mit England.

Die minutenlange Behandlung schien den bereits von zahlreichen Verletzungen geplagten Mannschaften (sieben Stammkräfte standen vor Anstoß nicht zur Verfügung) in Erinnerung zu rufen, dass es in dieser durch die Verwirbelungen der Corona-Pandemie höchst strapaziösen Saison jetzt vermutlich besser wäre, keine zusätzlichen Blessuren mehr zu riskieren.

Das wirkte sich prompt aufs Spielgeschehen aus: Die sichtbar erschöpften Profis ließen nach einer sehenswerten ersten Halbzeit das Topspiel in der Premier League zwischen Vizemeister Manchester City und Meister FC Liverpool ohne weitere Torchancen (und Verletzungen!) austrudeln: mit einem 1:1. Der Independent begann seinen Spielbericht mit dem Satz, dass sich City und Liverpool nicht gegenseitig schlagen konnten, weil sie gegen die Müdigkeit jeweils nichts auszurichten hatten.

Das gerechte Unentschieden der Titelanwärter am Sonntag ermöglichte beiden Vereinen, ihr Gesicht zu wahren - und vor allem gemeinsame Sache zu machen. Nach Abpfiff wollte sich City-Coach Guardiola zügig zum Ausgang begeben, als Klopp ihn heranzog, um mit ihm seinen Ärger auf die Premier League zu teilen. Der Frontalangriff auf die Liga sorgte letztlich für mehr Nachhall als das Spiel selbst.

Vereint in Wort und Bild redeten sich Klopp und Guardiola in Rage über die abgelehnte Aufstockung von drei auf fünf Einwechslungen pro Spiel. In diesem Vorschlag sahen die Hinterbänkler der Premier League beim Votum im August (13:7 Stimmen) eine Bevorzugung der Spitzenklubs, weil diese über ausgewogenere Kader verfügen würden. Das Wechselkontingent war zum Ende der Vorsaison erhöht worden, um Verletzungen vorzubeugen.

"Für mich ist das fehlende Führungsstärke", polterte Klopp in Richtung Richard Masters, den Geschäftsführer des Ligaverbands: "Masters hat das komplett falsch verkauft. Fünf Wechsel sind kein Vorteil, sondern eine Notwendigkeit. In fast allen anderen Ländern wird das so gehandhabt." Nach Fabinho fällt bei Liverpool mit Alexander-Arnold der zweite Defensivspieler aufgrund muskulärer Beschwerden aus. Bis zu ihren Verletzungen absolvierten beide alle Spiele in Meisterschaft und Champions League: Nur in neun Minuten stand Alexander-Arnold nicht auf dem Platz, bei Fabinho waren es 58.

Ähnlich wie Klopp beteuerte Guardiola, ihm gehe es bei dieser Diskussion einzig um den Schutz der Spieler und kündigte deshalb an, sich auch in Zukunft für fünf Wechsel einzusetzen. Dabei nutzte der Katalane seine Optionen in den bisherigen sieben Ligaspielen gerade mal zu zwei Dritteln (14 von 21 möglichen Wechseln); gegen Liverpool brachte er lediglich Bernardo Silva für Ferran Torres.

Aus welchem Grund? "Weil ich der Trainer bin! Die Regel muss fünf Wechsel ermöglichen. Ob ich sie nutze oder nicht, ist mein Problem", zischte Guardiola genervt. Und warum der zur Einwechslung bereite Phil Foden doch nicht mehr eingewechselt wurde? "Ich habe mich von ja auf nein umentschieden." Nach dieser Antwort verließ Guardiola grußlos die Pressekonferenz.

Attacken der Trainer auf die Liga

Tags zuvor attackierte Ole Gunnar Solskjaer als Trainer von Manchester United die eng getakteten Spielansetzungen in der Premier League. Der englische Rekordmeister musste nach dem Auswärtsspiel in der Champions League unter der Woche bei Basaksehir bereits samstags um 12:30 Uhr britischer Zeit zum FC Everton, wo man 3:1 gewann. Trotzdem schimpfte Solskjaer: "Wir wurden zum Scheitern verurteilt." Seine Erklärung: "Wir waren am Mittwochabend in der Türkei, sind am Donnerstagmorgen zurückgekommen und haben den nächsten Anpfiff am Samstag zur Mittagszeit. Das ist ein absolutes Durcheinander."

Zur Seite sprang ihm Klopp, der vor drei Wochen ähnliche Erfahrungen mit dieser Anstoßzeit machte. Das 12:30-Uhr-Spiel sei ein Killer, sagte Klopp: "Normalerweise haben wir einen arbeitsreichen November und Dezember. Dieses Jahr gleicht der Oktober schon dem Dezember. Sky, BT und die Premier League müssen sich zusammensetzen." Das frühe Samstag-Spiel ist der einzige Übertragungsplatz des Rechteinhabers BT Sport; dem Sender wird eingeräumt, sich an mehreren Spieltagen jeweils eines der interessanten Duelle aussuchen zu dürfen. Momentan kassiert die Premier League knapp zwei Milliarden Euro pro Saison aus den nationalen Fernsehverträgen.

Die Auseinandersetzung um die Deutungshoheit über Wechselkontingent und Spielplan hat sich seit Saisonstart zum Politikum in England entwickelt. Den Favoriten ist es nicht entgangen, dass die pausenlose Beanspruchung der eigenen Spieler in nationalen und internationalen Wettbewerben zu einem engeren Tabellenbild auf der Insel geführt hat. Am Wochenende standen vier Vereine (Liverpool, Southampton, Tottenham und Leicester) eine Zeit lang auf Platz eins.

In der Vorsaison besaß Liverpool hingegen schon nach acht Spielen einen Vorsprung von acht Punkten. Jetzt befindet sich der Ligaprimus am achten Spieltag mit den drittmeisten Gegentoren (16) auf dem dritten Rang, einen Zähler hinter Spitzenreiter Leicester City. Und Manchester City hält sich mit einem Spiel weniger als Zehnter im Tabellenmittelfeld auf.

Statt immer neue Rekorde aufzustellen, müssen sich beide Klubs in der Liga momentan mit ein paar Statistiken anfreunden, die sonst eher anderen Vereinen zugeordnet werden: Liverpool hat in sechs Spielen zuletzt mindestens ein Gegentor kassiert, City fünf Mal in Serie nicht mehr als ein Tor erzielt. Nach der Führung für Liverpool durch Mohamed Salah (13./Elfmeter) und dem schön herausgespielten Ausgleichstreffer von Gabriel Jesus (31.), vergab Kevin De Bruyne in der 42. Minute die Chance zum Sieg für City - indem er einen Strafstoß links am Tor vorbeischoss.

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