Süddeutsche Zeitung

Klitschkos Rücktritt:Dr. Steelhammer hat genug

  • Wladimir Klitschko beendet mit 41 Jahren seine große Box-Karriere.
  • Er hat alles erreicht und weiß: Nun übernehmen andere das Schwergewichtsboxen.

Von Saskia Aleythe

Wladimir Klitschko saß abgekämpft in der Londoner Wembley Arena, es war 1.57 Uhr in der Nacht, erst ein paar Stunden war seine Niederlage gegen Anthony Joshua alt. Der junge Brite hatte an diesem Abend seinen Weltmeistertitel verteidigt und schrieb noch im Ring Autogramme, er kam dann als Erster zur Pressekonferenz, nach ihm der geschlagene Ukrainer.

"Ich habe dem jungen Herausforderer das Gesicht gezeigt und nicht den Rücken", sagte Klitschko stolz und hatte damit ganz recht, trotz des technischen K. o. in der elften Runde ging er groß aus diesem Kampf heraus. Doch damals, am 29. April 2017, wusste er auch: "Manchmal lernt man von Rückschlägen mehr als vom Erfolg."

Klitschko hat nun genug gelernt, nach drei Monaten des Grübelns hat der 41-Jährige den Entschluss gefasst: Schluss mit dem Boxen. Nach 27 Jahren als Profiboxer, 69 Kämpfen bei 64 Siegen (54 durch K. o.) endet damit eine Ära im Schwergewichtsboxen, die erst sein Bruder Vitali und schließlich auch Wladimir geprägt haben. Dr. Eisenfaust (Vitali) und Dr. Steelhammer (Wladimir), das gewaltige Duo, ist seit diesem 3. August 2017 Geschichte.

Experten kritisierten seinen Boxstil

Klitschko wurde stets geachtet, doch sein Boxstil hat unter Fachleuten nicht immer die größte Begeisterung gefunden. Der Ruf, lediglich ein Glaskinn zu besitzen, verfolgte ihn seit der Niederlage gegen Lamon Brewster 2004. Auch wurde dem Ukrainer gerne vorgeworfen, er würde sich nur leichte Gegner aussuchen, um seine Titel zu verteidigen. Spätestens gegen Joshua, als ihm im Kampf der Kopf nach einem wuchtigen Haken in den Nacken geflogen war und er sich trotzdem berappelte, konnte er das Gegenteil beweisen. "Ich habe die Herausforderung angenommen", sagte Klitschko damals und war zufrieden, trotz Niederlage.

Klitschko hätte durchaus noch weiterkämpfen können nach dieser Niederlage, ein Rückkampf hatte ihm Joshua noch in der Nacht zugesagt, ein paar Millionen hätte ihm das noch gebracht. "Er hat seinen Sport über ein Jahrzehnt lang dominiert, er ist ein absolutes Vorbild", würdigte ihn Joshua, der aber mit seiner Physis und Schnelligkeit gleichsam deutlich gemacht hatte, dass nun ein anderer dabei ist, das Schwergewichtsboxen zu übernehmen.

Klitschko kann die Entwicklung gelassen verfolgen. Er ist längst Vater, hat endlich Zeit für seine Familie, die oft auf ihn verzichten musste. "Ich habe als Amateur und Profi alles erreicht und kann jetzt gesund und zufrieden die spannende Karriere nach der Karriere angehen", ließ er mitteilen, "ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich eine so lange und erfolgreiche sportliche Laufbahn haben würde." Er weiß: Jetzt ist es genug.

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