Klitschko-Manager Bernd Bönte:Für die Familie

Die Schwergewichts-Boxer Vitali und Wladimir Klitschko sind beliebt und erfolgreich, sie geben sich gerne als das Gute im Boxen. Das funktioniert, weil Manager Bernd Bönte unermüdlich für die beiden Brüder arbeitet. Für Geschäftspartner ist Bönte jedoch nicht nur ein harter Verhandlungspartner, sondern auch einer, der sich am Rande moralischer Grenzen bewegt.

Jürgen Schmieder und Benedikt Warmbrunn

Vitali Klitschko ist Politiker, gerade ist Wahlkampfzeit. Also hält Klitschko, 41, Reden in der ukrainischen Provinz, auf Stadtplätzen oder in Kulturpalästen. Es geht ihm um den Kampf gegen Korruption und Geschäftemacherei in der Politik. Klitschko wirkt authentisch, ehrlich, engagiert. Wenn die Ukrainer am 28. Oktober das neue Parlament wählen, dann könnte es die Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen (UDAR) schaffen, in die Werchowna Rada einzuziehen - aktuelle Umfragen zeigen, dass der Zuspruch bei etwa zehn bis 15 Prozent liegt.

Bernd Bönte Wladimir Klitschko

Der Klitschko-Flüsterer: Bernd Bönte im Gespräch mit Wladimir Klitschko.

(Foto: imago sportfotodienst)

Vitali Klitschko ist aber auch Boxer, am Samstag verteidigt er in Moskau gegen Manuel Charr seinen Weltmeistertitel im Schwergewicht. Als Boxer bewegt sich Klitschko in einem Milieu, in dem gerne geschachert wird, gedealt - ähnlich wie in der Politik und nicht selten so, dass die Menschen den Eindruck bekommen, dass es weniger darum geht, dass sich da die beiden besten Sportler im Ring begegnen. Sondern jene, mit denen sich am meisten Geld verdienen lässt. Die Klitschko-Brüder haben mit diesem Sport viel Geld verdient, weil sie hervorragende Boxer sind und in den vergangenen Jahren jeden Athleten besiegt haben, der sich traute, mit ihnen in einen Ring zu steigen. Sie haben aber auch viel Geld verdient, weil sie vermarktet werden von einem, der sich unermüdlich für die Familie einsetzt.

Bernd Bönte arbeitet seit mehr als zwölf Jahren mit den Brüdern, er ist Geschäftsführer und Teilhaber der Klitschko Management Group GmbH, er verhandelt, vermarktet, veranstaltet. Er gilt als harter und mitunter eitler Verhandlungspartner, er präsentiert sich gerne als seriöser und niveauvoller Geschäftsmann in einem oftmals nicht so seriösen und niveauvollen Umfeld. Als sich etwa die Boxer David Haye und Dereck Chisora im Februar auf einer Pressekonferenz in München prügelten, lächelte Bönte zunächst, dann erkannte er, dass es gar nicht so lustig war, was sich da zutrug. Schnell sagte er: "Lass' uns gehen, das hier ist nicht mehr unser Niveau!"

Glaubt man den Menschen, die in den vergangenen Jahren mit Bönte verhandelt haben, ist er allerdings keineswegs der besonders edle Vertreter einer ansonsten nicht so edlen Zunft. Sondern einer, der die Machtposition, die er aufgrund der Monopolstellung der Klitschkos im Schwergewicht hat, ausreizt so weit es irgend geht.

"Dass ich mit anderen hart verhandle, ist doch klar", sagt Bönte der Süddeutschen Zeitung, "es geht um ein Geschäft, bei dem beide Seiten versuchen, das Beste rauszuholen." Beide Seiten? Die Verhandlungspartner sehen das etwas anders. "Ich verkaufe doch nicht die Seele meines Boxers", sagte etwa der Promoter Kalle Sauerland nach dem Kampf zwischen Marco Huck und Alexander Powetkin auf die Frage, ob Huck oder Powetkin, beides Sauerland-Schützlinge, nun bald gegen einen der Klitschkos antreten würden.

Huck sagte über eine Ohrfeige, die Chisora beim Wiegen vor dem Kampf gegen Vitali Klitschko verteilt hatte, sie sei von Bönte inszeniert gewesen. Gegen diese Aussage ist Bönte erfolgreich gerichtlich vorgegangen - und hat vor dem Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung erreicht. Wladimir Klitschko, 37, wird im November gegen den Polen Mariusz Wach antreten; Wachs Manager Mariusz Kolodziej sagte über die Verhandlungen: "Einige der Forderungen sind inakzeptabel. Sollte Mariusz den Ukrainer besiegen, dann ist er quasi ein Sklave der deutschen Gruppe. Er müsste drei Kämpfe nach deren Wünschen absolvieren." Und Adam Booth, Trainer von David Haye, sagte nach dem Klitschko- Chisora-Kampf in München: "Bernd Bönte, du bist ein Lügner und ein Feigling."

Bernd Bönte ist nicht wie Don King

Booth ist ohnehin einer, der gerne ausführlich darüber spricht, wie schwierig sich Verhandlungen mit dem Management der Klitschkos gestalten: "Bönte ist eine Schande für das Boxen. Wir haben ein schriftliches Angebot bekommen, das anders war als die mündliche Verabredung. Wir waren dennoch bereit, den Vertrag zu unterschreiben, dann lässt Bönte verlautbaren, David hätte einen Rückzieher gemacht. Das ist komplett falsch."

WBC heavyweight champion Vitali Klitschko of Ukraine and Manuel Charr of Germany pose during the official weigh-in in Moscow

Am Samstag boxt Vitali Klitschko gegen Manuel Charr - beim Wiegen kam es wie üblich zu bösen Blicken.

(Foto: REUTERS)

Es geht also um die Vertragsinhalte. Was Booth, Sauerland oder Kolodziej Bönte vorwerfen, lässt sich dabei im Wesentlichen auf zwei Punkte reduzieren. So ist es - erstens - im Boxen üblich, dass der Weltmeister bei einer freiwilligen Verteidigung im Falle einer Niederlage an den nächsten drei Kämpfen seines Bezwingers mitverdient. Üblicherweise tritt das Management des ehemaligen Champions dann als Mit-Veranstalter auf und kassiert einen bestimmten Anteil vom Gewinn. Üblich ist aber auch, dass sich der neue Weltmeister komplett selbst vermarkten darf. Aus Verträgen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, geht indes hervor, dass die Klitschkos ihren Gegner knallharte, eher unübliche Optionen anbieten.

Im Fall einer Niederlage des einen Bruders müsste der neue Weltmeister gegen den anderen Bruder antreten, nach einem neuerlichen Sieg wieder gegen einen Klitschko. In allen drei Kämpfen wären die Klitschkos der einzige Vermarkter, der eigentliche Weltmeister wäre nicht einmal Mitveranstalter. "Am Ende hätte ich noch die Stallburschen boxen müssen", lästerte Haye einst. "In den Verträgen werden für den Gegner bereits Summen für die nächsten Kämpfe festgesetzt", sagt ein Promoter, der oft mit den Klitschkos verhandelt hat und seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Das ist nicht normal." Mehr verdienen würde der neue Weltmeister nämlich, wenn er den Rückkampf gegen einen der Brüder selbst vermarkten könnte.

Bönte sagte der SZ zu diesem Vorwurf: "Bei uns gibt es bei freiwilligen Verteidigungen drei Optionen, bei anderen Promotern gibt es fünf bis sieben." Dass bei diesen Optionen Kämpfe gegen den Bruder vorgesehen sind, sieht Bönte als positiv für den Gegner: "Gegen wen will er denn sonst boxen, wenn er Geld verdienen will? Jeder im Schwergewicht reißt sich um einen Kampf gegen die Klitschkos. Andere Promoter suchen die Gegner aus - bei uns heißt es klar: Es geht gegen die Klitschkos. Da ist das meiste Geld zu verdienen."

In der Tat ist diese Aufnahme von Optionen juristisch nicht angreifbar, Bönte bewegt sich eher am Rande moralischer Grenzen. Er ist der Anwalt der Klitschkos, der versucht, einen für seine Mandanten möglichst günstigen Vertrag zu erreichen. Er ist kein Don King. Der amerikanische Promoter überschritt sowohl juristische als auch moralische Grenzen und nahm gelegentlich gar seine eigenen Boxer aus - etwa Mike Tyson.

Überhöhte Strafen

CHIO Aachen 2011 - Day 1

Bewundert und geliebt: Wladimir Klitschko wird von Ursula von der Leyen fotografiert.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der zweite Kritikpunkt der Verhandlungspartner bezieht sich auf die vertraglich festgelegten Strafen. Wenn ein Herausforderer etwa nicht zur Pressekonferenz mit dem Weltmeister erscheint, muss er üblicherweise eine Strafe in der Höhe eines niedrigen fünfstelligen Betrags zahlen. Wirbt er während des Kampfes für Firmen, die mit den Sponsoren des Weltmeisters in Konflikt stehen - auf der Hose oder mit einer Tätowierung -, muss er ebenfalls eine Vertragsstrafe zahlen, üblich ist eine Summe in der Höhe der geschätzten Werbeeinnahmen, meistens ebenfalls ein niedriger fünfstelliger Betrag.

Die Klitschkos schreiben in ihren Verträgen jedoch Sanktionen in Höhe von mehreren 100 000 Dollar vor - eine Summe, die Bönte der SZ bestätigte. "Wir haben Verpflichtungen gegenüber den Fernsehsendern und den Arenen. Wir müssen Strafe zahlen, wenn wir diesen Verpflichtungen nicht nachkommen. Das geben wir weiter", sagt Bönte. Keine Pressekonferenz, keine Promotionsplattform - deshalb hält er die Höhe der Strafen für gerechtfertigt: "Es gab in der Geschichte genügend Boxer, die trotz riesiger Gagen nicht zu den vertraglich festgelegten Presseterminen gekommen sind, weil sie einfach keine Lust dazu hatten. Dagegen sichern wir uns ab, und vielleicht ist gerade deshalb der Schadensfall auch noch nie eingetreten."

Ein weiterer Vorwurf, der seit Jahren im Raum steht, ist der, dass die Klitschkos ihre Gegner nicht nur anhand der sportlichen Qualität aussuchen - sondern auch danach, wie spektakulär dieser ist. Die Summe, die der übertragende Sender RTL pro Kampf überweist, soll laut Medienberichten auch von der Attraktivität des Gegners abhängig sein - weshalb sich ein Gegner durchaus als Großmaul inszenieren soll. Journalisten berichteten zudem, dass sich Bönte darüber echauffiert habe, dass sich Charr, Vitalis Gegner am Samstag, zu höflich und zu brav präsentieren würde.

Bönte sagt dazu: "Das steht in keinem Vertrag - und weder die Klitschkos noch die Gegner der Klitschkos bekommen einen Euro mehr, wenn mehr Leute einschalten. Ein Gegner hätte also nichts davon, wenn er sich selbst besonders lautstark promotet, außer natürlich, es liegt ihm im Blut und er hat Spaß daran." Es gebe weder eine Klausel, die sich um die TV-Quote drehe - noch eine, die sich damit beschäftige, wie lange so ein Klitschko-Kampf dauert: "Vitali und Wladimir halten sich nicht zurück, was ihre beeindruckende K.o.-Quote ja eindrucksvoll beweist."

Bönte gibt jedoch zu, dass PR natürlich dazugehört, um den Ticketverkauf zu stimulieren und dafür zu sorgen, dass Menschen am Kampfabend den Fernsehsender einschalten, der die Klitschkos überträgt: "Damit machen wir Werbung für den Kampf, aber das ist ja in anderen Sportarten nicht anders. Dafür gibt es Pressetermine, diese sind kein reiner Selbstzweck", sagt Bönte.

Boxen ist eben nicht nur eine Sportart. Es ist Unterhaltung und vor allem ein Geschäft, mitunter ein undurchsichtiges und hartes. Bernd Bönte ist in diesem Geschäft einer der Erfolgreichsten.

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