Klinsmann bei Hertha BSC:Schwarzfahrt auf der Trainerbank

Hertha BSC: Trainer Jürgen Klinsmann im Berliner Olympiastadion

Bislang ohne Trainerschein in der Bundesliga unterwegs: Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann.

(Foto: AFP)

Hertha BSC will in die große, weite Fußballwelt aufbrechen. Jürgen Klinsmanns fehlender Trainerschein ist da ein peinliches Problem - und ein heikler Fall für die DFB-Justiz.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Theoretisch wäre die Lösung nur wenige Klicks entfernt gewesen. Hätte jemand im November, als Jürgen Klinsmann als Trainer von Hertha BSC begann, in die Suchmaschine die Worte "DFB" und "gültiger Trainerschein" eingegeben, so hätte das Internet schon an Nummer 1 die passende Gebrauchsanweisung ausgespuckt. Überschrift: "So läuft das mit den Trainer-Lizenzen ...". Dann kurz runterscrollen auf dieser offiziellen Seite des Deutschen Fußball-Bundes - und die ehrgeizigen Berliner hätten ein peinliches Problem vermeiden können. Denn unterm nächsten Klick, da steht es: "Lizenzen verlängern - so geht es" ...

So weit die Theorie, die Praxis aber orientiert sich an der nicht nur in Deutschland gültigen Formel für angewandte Bürokratie: Von der Wiege bis zur Bahre, Formulare, Formulare! Kurzum: Auch für einen, der auf Erfahrungen als deutscher Bundestrainer und US-Nationaltrainer verweisen kann, der zudem in einem zehnmonatigen, turbulenten und vor der Frist beendeten Praktikum (Juli 2008 bis April 2009) beim FC Bayern stand, gilt, was für jeden Übungsleiter gilt: Ein A-Trainerschein muss alle drei Jahre verlängert werden! Da dies bei Klinsmann versäumt wurde, bevor er sein Comeback in der Bundesliga startete, handelt es sich im weiteren juristischen Sinne um eine Schwarzfahrt auf der Trainerbank.

Wer sich aber ohne gültigen Fahrschein von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) erwischen lässt, zahlt 60 Euro; beim DFB wird es jetzt wohl ein bisschen teurer. Schon allein deshalb, um anderen Trainern nicht im Ansatz das Argument zu gestatten, es gebe ewigen Promi-Bonus für einstige Nationalspieler. Es war ja bekanntlich Klinsmann selbst, der im Jahr 2000 verdiente Kräfte wie Sammer, Buchwald oder Eilts zusammentrommelte ("habe einige Jungs abtelefoniert"), um einen Trainer-Schnellkurs für Welt- und Europameister zu organisieren.

Den Schein von damals hat er heute noch, aber ist dessen akute Ungültigkeit nur mit einer Geldstrafe zu ahnden? Zwar bleibt ein Protest der Konkurrenz wohl aus gegen die Wertung eines der ersten fünf Spiele, in denen der Hertha-Trainer streng genommen lizenzlos wirkte. Ob aber Klinsmann sein Berliner Projekt am Sonntag im Prestigeduell gegen den FC Bayern zumindest als Beisitzer auf der Bank schon wieder fortsetzen darf, ist angesichts der Außenwirkung ein neuer wie heikler Fall für die Justiz des DFB.

Klinsmann will Hertha aus der Abstiegszone entführen, sie soll zur Topadresse werden und als "Big-City-Club" in die Champions League sausen. Schon heute ist es eine wilde Fahrt. Gut möglich, dass bald erneut einer im Weg steht, der lauthals ruft: Die Fahrscheine bitte!

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