Nach seinem Rücktritt als Trainer von Hertha BSC wird Jürgen Klinsmann auch nicht mehr in den Aufsichtsrat des Berliner Fußball-Bundesligisten zurückkehren. "Leider ist die Art und Weise des Abgangs so unakzeptabel, dass wir im Sinne des Vereins eine zielführende Zusammenarbeit so nicht fortführen können", sagte Investor Lars Windhorst bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: "Jürgen Klinsmann hat viel an seiner Glaubwürdigkeit verloren. Das ist wirklich traurig, aber wir müssen damit leben."
Windhorst ließ allerdings offen, "ob wir in einigen Monaten in anderer Form auf ihn und seinen Rat zurückgreifen können. Ich schlage niemals Türen zu." Persönlich bedauerte der Geldgeber "es sehr, dass Jürgen Klinsmann uns sehr abrupt verlassen hat". Zu der Tatsache, dass Klinsmann seinen Rücktritt offenbar spontan und ohne Absprache mit einem Vereinsvertreter verkündete, sagte Windhorst: "Das kann man als Jugendlicher vielleicht machen, aber im Geschäftsleben, wo man ernsthafte Vereinbarungen hat, sollte man das nicht machen."
Klinsmanns Karriere:Aus Göppingen um die Welt
Liebling der Italiener, Diver in England, Sommermärchen-Initiator. Jürgen Klinsmann ist als Spieler und Coach viel herumgekommen - und tritt nun bei Hertha BSC zurück. Die Stationen seiner Karriere.
Klinsmann hatte am Dienstagvormittag völlig überraschend nach nur elf Wochen sein Trainer-Amt bei Hertha zur Verfügung gestellt und damit den Klub geschockt. Dabei hatte der 55-Jährige zunächst angekündigt, in das Aufsichtsgremium zurückkehren zu wollen. In einem Videochat am Mittwochabend äußerte er sich dann zurückhaltender und legte die Entscheidung in die Hände des Klubs.
Klinsmann war Anfang November für einen Platz im Aufsichtsrat benannt worden
Nach eigener Aussage war Klinsmann im vergangenen Oktober von Windhorst angesprochen worden, ob er den Unternehmer in Fußballfragen unterstützen könne. Anfang November war der Weltmeister von 1990 durch die Tennor Holding des Geldgebers dann für einen Platz im Aufsichtsrat der GmbH & Co. KGaA benannt worden, nachdem diese ihre Anteile für insgesamt 224 Millionen Euro auf 49,9 Prozent aufgestockt hatte. Dieses Amt ließ Klinsmann ruhen, als er knapp drei Wochen später den Cheftrainerposten übernahm. Der Aufsichtsrat der KGaA hat vergleichsweise geringe Befugnisse und ist beispielsweise nicht dafür zuständig, Transfers abzusegnen oder über die Geschäftsführung um Manager Michael Preetz zu entscheiden.
Via Internet-Botschaft hatte Klinsmann am Mittwochabend die Umstände seines plötzlichen Rücktritts als "fragwürdig" bezeichnet und sich bei den Fans entschuldigt. Gleichzeitig kritisierte er aber auch deutlich die Rolle von Manager Michael Preetz und begründete seinen Rücktritt mit dem Wunsch nach mehr Kompetenzen, den ihm der Klub verwehrt hatte. "Da haben wir uns aufgerieben in vielen, vielen Nebenkriegsschauplätzen." Ihm sei "unglaublich aufgestoßen", dass der Manager auf der Bank sitze und seine Kommentare abgebe.
Im Duell mit einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf treten die Berliner am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim Schlusslicht SC Paderborn an. Trainieren werden die Hertha vorerst die bisherigen Co-Trainer Alexander Nouri und Markus Feldhoff. "Wir werden mit Nouri und Feldhoff und dem Trainerteam in die nächsten Wochen gehen. Sie verdienen die volle Unterstützung", sagte Manager Preetz. "Wir hoffen und sind davon überzeugt, dass wir die nötigen Punkte holen werden."
Auch Performance Manager Arne Friedrich bleibt im Amt. Die Stelle für den früheren Hertha-Kapitän war Ende November auf Drängen von Klinsmann neu geschaffen worden. Mit Blick auf den Trainerposten sagte Preetz, dass es "für Sommer natürlich eine Aufgabe" sei, "eine neue Besetzung für den Cheftrainerposten zu finden". Man suche einen Trainer, "der mit uns die Ziele angeht, der ehrgeizig und ambitioniert ist", erläuterte Preetz. "Das ist eine interessante Stellenbeschreibung."