Klebebilder von Fußballern:Panini-Alternative von Künstlerhand

Aufreißen, rausfriemeln und einkleben - den Klebebildchen-Dreischritt beherrschen die meisten seit Kindertagen. In diesem Jahr gibt es vor der Fußball-EM eine Alternative zum Panini-Sammelalbum. Aus der Schweiz kommt das "Tschutti-Heftli" mit gemalten Porträts der Kicker. Iker Casillas gleicht dabei einer Krake.

Katharina Sorg

Bastian Schweinsteiger ist ein wenig grün im Gesicht. Macht nichts, Mesut Özil und Thomas Müller sind es auch. Die Kunst am Klebebildchen will es so. Die schönste Alternative zum Panini-Album kommt in diesem Jahr aus der Schweiz. Im "Tschutti Heftli" (das schweizerdeutsche "tschutten" für bedeutet "kicken") gibt es gemalte Porträts der Kicker im Panini-Format.

Klebebilder von Fußballern: Bastian Schweinsteiger als Panini-Bild und als Kunstwerk im alternativen Sammelalbum "Tschutti-Heftli".

Bastian Schweinsteiger als Panini-Bild und als Kunstwerk im alternativen Sammelalbum "Tschutti-Heftli".

(Foto: Panini)

Ribery, Robben und Müller, wie die Künstler sie sehen. Jede Mannschaft wurde von einem anderen Künstler gestaltet, die Franzosen gleichen eher Karikaturen, die englische Mannschaft ist stark verfremdet - Wayne Rooney ist dennoch gut zu erkennen- die griechischen Spieler werden von Pleitegeiern umgeben, die Deutschen hingegen sehen ernst und konzentriert aus. Und Spaniens Nationaltorhüter Iker Casillas gleicht einer Krake. Die Bildchen sind ein Mix aus Porträts, Comics und Persiflagen.

Bisher gab es das Sammelheft nur in der Schweiz, erstmals zur EM 2008, nun wird es dieses Jahr auch in Deutschland herausgegeben. "Bisher haben wir die Bildchen von Hand gemischt und verpackt", sagt Silvan Glanzmann, Projektleiter des "Tschutti Heftli". In diesem Jahr werden die gezeichneten Sticker in Italien an gleicher Stelle gedruckt und verpackt wie die Panini-Bilder - mit dem Klassiker der Klebebildchen haben sie dennoch nichts zu tun.

Alle Künstler arbeiten ehrenamtlich, der Verkaufserlös deckt momentan die Druckosten und wird vom Verein für fußballkulturelle Veranstaltungen verwendet. Zehn Cent pro verkauftes Päckchen gehen zudem an Viva con Agua, eine Organisation, die setzen sich für eine verbesserte Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländer ein.

Alle 16 EM-Mannschaften finden sich im Heft, zusätzlich gibt es noch die Kategorie: Schmerzlich vermisst, mit Kickern wie Arnautovic, Dzeko oder Vidic. Und auch die Schweizer Nationalelf darf mit ins Sammelheft. Unter der großen Überschrift: Leider Nein. Auf den Bildchen sind die Köpfe der Spieler unter Wasser.

Özil ging am schnellsten

Die deutsche Nationalelf hat der Schweizer Künstler Stephan Schmitz gezeichnet. Sein Vater ist Deutscher, daher war er schon früh ein Fan der Nationalelf. Am einfachsten fiel es ihm, Mesut Özil zu zeichnen, an Bundestrainer Joachim Löw hingegen hat er am längsten gearbeitet. Karikaturen der Spieler wollte er nicht anfertigen, vielmehr sollen seine Bilder den Stolz und das Selbstbewusstsein der Spieler wiedergeben. "Sie gehen immerhin als Titelfavorit ins Turnier", sagt Schmitz.

Die Kunst am Klebebild könnte vom Kult um die Panini-Bilder profitieren. Schön oder qualitativ hochwertig sind die Bilder der Spieler im traditionellen Album eher nicht. Sie erinnern viel mehr an das Passbild aus dem Automaten, das aufgrund von Zeitmangel hinter einem schäbigen Vorhang entstanden ist. Gelächelt wird eher selten. Doch wen es bis heute nervös macht, wenn verpackte Panini-Päckchen auf dem Tisch liegen, den hat das Klebe-Fieber noch nicht verlassen. Aufreißen, rausfriemeln und einkleben. Der Bildchen-Dreischritt.

Seit einigen Tagen gibt es das neue Panini-Album zur EM. Für Deutschland wurde dieses Jahr ein Sonderheft entworfen. Und das wird kräftig beworben. Während in ganz Europa die Porträts der Spieler von einem weißen Rand umgeben werden, rahmt die Panini-Bildchen in Deutschland ein brombeerfarbener Streifen ein. Und was genau ist an brombeerfarben jetzt so typisch deutsch? Nichts. "Der Farbton Brombeer ist die offizielle Farbe der EM und hat sich daher angeboten", sagt Christine Fröhler von Panini. Aha. Brombeerfarben also, nun ja, es macht vielleicht nicht ganz so blass.

Bis zum Jahr 2009 gab es sogar ein Bundesliga-Sammelalbum. Das Heftchen ist der Grund, warum man bis heute die Namen von Abwehrspielern des MSV Duisburg oder Dynamo Dresden kennt und einem beim Blick auf die Trainerbank eines Zweitligavereins der Co-Trainer so seltsam bekannt vorkommt. Diesen Spieler gab es als Bildchen einst so oft doppelt, dass man ihn nie mehr vergessen konnte. Klebe-Wissen nennt sich das.

Hier kommt Quantität durchaus noch vor Qualität. Die Exklusivrechte an den Bildchen gingen Panini damals verloren. Im alternativen "Tschutti-Heftli" ist der Wiedererkennungswert eher künstlerischer Natur. Zumindest bei Iker Casillas.

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