Joshua Kimmich:Wie ein Schnupfen am Hochzeitstag

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Joshua Kimmich (r.) sieht die gelbe Karte. (Foto: Oli Scarff/AFP)
  • Joshua Kimmich vom FC Bayern sieht gegen Liverpool seine dritte gelbe Karte in dieser Champions-League-Saison und fehlt damit im Rückspiel.
  • Der Rechtsverteidiger sieht die Karte für ein Foul in einer Situation, in der ein ausgebuffter Abwehrspieler vielleicht nicht gefoult hätte.
  • Die Sperre dürfte den Bayern wehtun, weil Kimmich gegen Liverpools Sadio Mané erstaunlich abgeklärt und kampfeswillig agierte. Im Rückspiel wird wahrscheinlich Rafinha spielen.

Von Martin Schneider, Liverpool

Die Gelbsperre ist der grippale Infekt der Fußballstrafen. Sie ist nicht lebensbedrohlich, aber sehr lästig, schwer zu vermeiden und sorgt beständig dafür, dass wichtige Arbeitskräfte ausfallen. Normalerweise ist so eine Gelbsperre nicht weiter schlimm - wie ein Schnupfen eben. Ein paar Tage auf der Couch, weiter geht's. Glaubt man dem Geraune, dann holen sich einige Bundesligaprofis auch mal absichtlich eine Gelbsperre ab, um nicht im Februar nach Augsburg zu müssen.

In manchen Fällen passiert es aber, dass einem Schnupfen oder Gelbsperre ein Lebensereignis kaputt machen. Mit laufender Nase bei der Hochzeit ist mies; und wegen dreier Verwarnungen ein entscheidendes Champions-League-Spiel zu verpassen, ist auch recht mies.

Ebendies ist nun Joshua Kimmich passiert. Der sah gelbe Karten im ersten Gruppenspiel gegen Benfica (Foul), im letzten Gruppenspiel gegen Ajax (Meckern) und nun gegen Liverpool, weil er Sadio Mané in einer Situation foulte, in der ihn ein ausgebuffter Verteidiger vielleicht nicht gefoult hätte - Javi Martínez stand noch zur Absicherung bereit. Keines dieser Vergehen war weltbewegend. Aber sie führen in Summe dazu, so will es die Regelfibel, dass Kimmich nun das Rückspiel gegen Liverpool verpasst. Das ist aus Bayern-Sicht umso ärgerlicher, als dass es in ihrem Kader genau einen Spieler gab, der wegen seiner Vorstrafen keine Gelbe hätte sehen dürfen: Kimmich. Und es dann nur einen Bayern-Spieler gab, der eine Gelbe sah: Kimmich.

Im Rückspiel wird Mané es jetzt mit Rafinha zu tun bekommen

Die Sperre tut den Bayern weh, weil Kimmich gegen den Spektakel-Spieler Mané erstaunlich abgeklärt und kampfeswillig agierte. Als er ihn in Halbzeit eins einmal abgrätschte, ließ er gar einen Urschrei los. Mané war an diesem Abend der Beste aus Liverpools Angriffs-Dreizack. Roberto Firmino kämpfte offenbar mit den Nachwirkungen eines Virus, Mo Salah wirkte ein wenig überspielt. Mané jedoch brachte Geschwindigkeit ins Spiel, nahm den Ball mehrfach spektakulär an - aber kam nur zweimal gefährlich zum Abschluss. Erst vergab er Liverpools beste Chance, als er frei im Sechzehner einen Drehschuss verzog (33.), fünf Minuten später die zweite per Fallrückzieher. Sonst war Kimmich da.

Im Rückspiel wird Mané es mit Rafinha zu tun bekommen. Ein Spieler, der seine Stärken nach hinten hat, aber auch schon 33 Jahre alt ist und vergangenes Jahr im Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid einen entscheidenden Fehler machte. Der Kader des FC Bayern sieht aber nur einen Ersatz-Außenverteidiger vor - auch weil Kimmich eigentlich immer spielen kann.

Der ehrgeizige 24-Jährige hat wenige Schwächen, aber vielleicht gehört "strategische Abgezocktheit" zu den Dingen, die Kimmich noch lernen kann. Der ungeschlagene Meister dieser Disziplin, Real Madrids Sergio Ramos, holte sich etwa zwei Minuten nach dem 2:1-Führungstor seiner Mannschaft gegen Ajax zielsicher seine dritte gelbe Karte ab. Er ist nun für ein Rückspiel gesperrt, in das Madrid als haushoher Favorit geht, und im schweren Viertelfinale theoretisch wieder spielberechtigt. Ramos könnte aber zum Verhängnis werden, dass er die Absicht hinter seiner Aktion mehr oder weniger zugab - und der europäische Fußballverband solche Hinterlist auch schon mal mit einem weiteren Spiel Sperre ahndete.

Die Bayern gehen nun aber mit einem Kimmich-Handicap ins Rückspiel. Wie übrigens auch Liverpool mit einer Sperre ins Hinspiel ging. Aber aus der Absenz von Abwehrchef Virgil van Dijk zogen die Münchner keinen Vorteil.

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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