Kim Ekdahl du Rietz:"Handball macht mich nicht mehr glücklich"

Rhein-Neckar Löwen - Kim Ekdahl du Rietz

Einer der besten hört auf: der Schwede Kim Ekdahl du Rietz.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)
  • Mit 27 Jahren beendet der Weltklasse-Handballer Kim Ekdahl du Rietz seine Karriere.
  • Handball sei für ihn "kein Traumberuf mehr".
  • Die Rhein-Neckar Löwen entlassen ihn schweren Herzens aus dem Vertrag.

Von Carsten Scheele, Mannheim/München

Kim Ekdahl du Rietz hat sich einen Schrebergarten gekauft, in Lund, Südschweden. Nix Dolles, aber eine Hütte steht darauf, 15 Quadratmeter groß. Hier kann er seine Sachen unterbringen, wenn er in sein neues Leben startet.

Zwei Termine hat der schwedische Weltklasse-Handballer vorher noch zu erledigen. Am Samstagnachmittag spielt er zunächst das letzte Saisonspiel gegen MT Melsungen, danach folgt die offizielle Meisterfeier der Rhein-Neckar Löwen. Und dann ist Ekdahl du Rietz weg. Er hat diese Entscheidung vor Monaten getroffen; er nimmt keine Auszeit, kein Sabbatical, und kommt nach einem Jahr zurück. Nein, Ekdahl du Rietz beendet seine Karriere als Profihandballer. Mit nur 27 Jahren.

Fünf Tore gegen Kiel, dann die Meisterfeier

Für den Handball ist die Angelegenheit tragisch. Viele Weggefährten, aber auch Ekdahl du Rietz selbst, sagen, dass er noch nie besser gespielt habe als in den vergangenen Monaten - das macht diesen Rücktritt so schwer zu begreifen. Als linker Rückraummann hat er kräftig mitgeholfen, die Rhein-Neckar Löwen zum zweiten Meistertitel nacheinander zu werfen. Er ist einer dieser Handballer, die man selten findet: ein zuverlässiger, aber auch mitreißender Typ; einer jener Spieler, bei dem auch die schwierigen Würfe aus zehn Metern lockerleicht ins Netz fallen. In der entscheidenden Partie gegen den THW Kiel (28:19) vor einer Woche bewies der Schwede mit dem Zöpfchen erneut seine Klasse, erzielte fünf Tore. Am Ende hopste er mit seinen Kollegen wild durch die Halle, als der Verein eine spontane Meisterfeier organisierte.

Schöne Momente waren das, doch sie genügen Ekdahl du Rietz nicht mehr. Der 1,94-Meter-Mann weiß seit längerem, dass er sich nach anderem sehnt als Handballspielen im Dreitagestakt, Reisen über den halben Kontinent in der Champions League, Länderspiele und Meisterschaften. "Ich weiß, dass mit meinem Beruf viele Privilegien verbunden sind", sagt Ekdahl du Rietz, der seit 2012 in Deutschland für Mannheim spielt, der dpa: "Aber man sollte seinen Beruf lieben, das ist bei mir nicht mehr der Fall. Handball ist für mich kein Traumberuf mehr."

Viel Unverständnis ist ihm entgegengebracht worden, schließlich könnte er noch sechs, sieben Jahre auf Topniveau weiterspielen; wahrscheinlich sich sogar aussuchen, ob er vom Deutschen Meister zu einem noch größeren Klub wechseln möchte, nach Kiel oder nach Paris. Doch er sagt: "Handball macht mich nicht mehr glücklich." Der Profisport hat schon zu lange sein Leben bestimmt. Als sei alles ohnehin nicht auf Dauer ausgelegt gewesen, bewohnte Ekdahl du Rietz in Heidelberg nur eine Wohnung, fuhr einen japanischen Kleinwagen. Seine Zelte lassen sich schnell abbrechen.

Sein Klub steht vor einem Dilemma

Das Karrierende eines der besten Bundesligaspieler fällt in eine Zeit, in der wieder vermehrt über die Belastungsgrenze für Tophandballer gestritten wird. Bundesliga, Pokalspiele, Champions League, Nationalmannschaft - eine Topkraft wie Ekdahl du Rietz kommt da locker auf 60 Pflichtspiele pro Saison. Unmenschlich, sagen Kritiker. Der Schwede hat seine eigenen Konsequenzen gezogen. Erst ist er aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, vor zweieinhalb Jahren, nun ist auch im Vereinshandball Schluss. Finanziell ausgesorgt hat er gewiss nicht, aber er will ja arbeiten, nur eben nicht im Profisport. Er findet, dass er selbst nie so recht in diese Welt gepasst hat.

Sein Klub steht vor einem deftigen Einschnitt. Ekdahl du Rietz ist eine wichtige Stütze der Mannschaft, und in den vergangenen Wochen hat er einfach fantastisch gespielt. Schlechte Tage hatte er quasi keine, auf seiner Position im linken Rückraum lieferte er ein sehr gutes Spiel nach dem anderen ab. Einen Kick habe ihm die Entscheidung gegeben, "so eine Art Scheißegal-Gefühl", findet er selbst. Die Rhein-Neckar Löwen haben Spiel für Spiel gesehen, was ihnen in der kommenden Saison fehlen wird. Sie entließen Ekdahl du Rietz jedoch aus dem Vertrag, wollten seinem mutigen Entschluss nicht im Wege stehen. "Einer allein wird ihn nicht ersetzen können", sagt Oliver Roggisch, der Sportliche Leiter.

Noch ein letztes Mal ist er am Samstag für die Rhein-Neckar Löwen aufgelaufen. Er hat sich mit sieben Toren verabschiedet, 42 Sekunden vor Schluss verließ er mit gesenktem Kopf die Platte. Und selbst die Gäste aus Melsungen applaudierten.

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