Nach massiven Anfeindungen gegen die algerische Boxerin Imane Khelif während der Olympischen Spiele ermittelt Frankreichs Justiz. Es sei eine Untersuchung zu Cybermobbing aufgrund des Geschlechts, wegen öffentlicher Beleidigung und des öffentlichen Aufrufs zur Diskriminierung eingeleitet worden, teilte die Pariser Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Der Behörde zufolge hatte Khelif am Montag eine Anzeige eingereicht.
Zuständig sei das Büro für Hassverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gegen wen die Untersuchung sich richte, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit.
Olympisches Boxturnier:XY ungelöst
Die Diskussion um das Geschlecht und den Olympiasieg zweier Boxerinnen hat die Sommerspiele überschattet. Das IOC raunt von einer russischen Verschwörung. Tatsächlich offenbart eine Rekonstruktion des Falles eine sportpolitische Posse. In der Hauptrolle: das IOC selbst.
Khelifs Anwalt Nabil Boudi schrieb auf der Internetplattform X, die Ermittlungen sollten zeigen, wer hinter der „misogynen, rassistischen und sexistischen Kampagne“ gegen die Boxerin stecke. Gleichzeitig solle es auch um diejenigen gehen, die die „digitale Lynchjustiz“ befeuert hätten. Offenbar werden in der Anzeige auch die Schriftstellerin J. K. Rowling und der Tech-Milliardär Elon Musk erwähnt. Das berichtet das US-Magazin Variety mit Verweis auf den Anwalt. Auch US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump sei Teil der Ermittlungen, heißt es.
Die Kämpfe der 25-jährigen Khelif wurden während Olympia von einer emotional geführten Geschlechterdebatte begleitet, genau wie die Auftritte der 28-jährigen Lin Yi-ting aus Taiwan. Die Debatte ging weit über die Frage des sportlich fairen Wettkampfs hinaus und erfasste auch höchste politische Kreise. In der gesellschaftspolitisch aufgeheizten Stimmung erfuhren beide Athletinnen im Internet viele Anfeindungen.
Beide Boxerinnen waren nach bislang nicht näher erklärten Geschlechtertests vom Weltverband IBA, der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht mehr anerkannt wird, von der Weltmeisterschaft 2023 ausgeschlossen worden. Beide hatten laut IBA die erforderlichen Teilnahmekriterien nicht erfüllt und „im Vergleich zu anderen weiblichen Teilnehmern Wettbewerbsvorteile“ gehabt.
Das IOC nannte es eine „willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemäßes Verfahren“ und ließ Khelif und Lin in Paris teilnehmen. Das im Pass angegebene Geschlecht sei für viele Sportarten maßgeblich für die Zulassung zu den Wettbewerben, lautete eine zentrale Begründung des IOC.