Süddeutsche Zeitung

Kevin Großkreutz:Lieber Lilien als Veilchen

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Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Als sich der Fußball-Profi Kevin Großkreutz das bisher letzte Mal in der Öffentlichkeit präsentierte, schien seine Karriere zumindest in Deutschland beendet zu sein. Er saß nach einer wenig ruhmreichen nächtlichen Aktivität samt Vorgeschichte mit einem mächtigen Veilchen unterm Auge da, präsentierte sich als reuiger Sünder und bat um Entschuldigung für den Fehltritt, dessentwegen der Vertrag mit dem VfB Stuttgart vorzeitig endete. Und er gab eine recht eindeutige Prognose für die Zukunft ab: Mit dem Profi-Fußball wolle er erst mal nichts mehr zu tun haben.

So schnell wie der Fußball straft, so schnell verzeiht er auch wieder

Keine sechs Wochen ist das her, und schon ist dieser Satz Makulatur. Denn der 28 Jahre alte Allrounder kehrt bald wieder zurück. Von Sommer an steht er beim SV Darmstadt 98 unter Vertrag, dem aktuellen Tabellenletzten der Bundesliga, dessen Abstieg nur noch theoretisch zu verhindern ist. Das ist dann Großkreutz' dritter deutscher Profi-Klub nach Borussia Dortmund (2009 - 2015) und dem VfB Stuttgart (2016/17). Er freue sich "riesig", sagte er.

Der Fußball kann sehr schnell strafen, aber manchmal kann er fast ebenso schnell wieder verzeihen. Es ist nicht das erste Mal, dass Großkreutz im Zentrum einer erstaunlichen Geschichte steht. Zeit seines fußballerischen Daseins ist er ja zwischen zwei Wahrnehmungen gependelt. Da war einerseits der spätpubertierende Kevin, der schon mal einen Döner als Wurfgerät einsetzte oder sich bei einer nächtlichen Prügelei in Stuttgart ein blaues Auge abholte - und da war andererseits der leidenschaftliche Fisch, der sich mit seinem Auftreten einen Status als Held der Kurve und letzter Vertreter einer anderen, erdigeren Fußballzeit erarbeitete.

In Darmstadt haben sie jetzt beschlossen, dass sie über den einen, also den ersten Teil der Großkreutz'schen Persönlichkeit "nicht mehr mit ihm reden wollen". Und zudem sind sie der Meinung, der Mann aus dem siegreichen WM-Kader von 2014 passe von seiner Art her bestens zu dem Klub, bei dem vieles anders läuft als bei anderen und in dem sich schon manch gescheiterter Akteur wieder stabilisierte.

"Kevin verfügt über eine unfassbare Erfahrung, ist Weltmeister, hat auf absolutem Top-Niveau gespielt, und ich habe in den Gesprächen gespürt, wie heiß er auf diese neue Herausforderung ist", sagt Trainer Torsten Frings. Aber er weiß genauso gut wie sein Zugang: Wenn das in Darmstadt nun nicht gut geht, ist Großkreutz' Karriere bald wirklich vorbei.

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Quelle:
SZ vom 12.04.2017
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