Karriereplanung:Nächster Halt Arbeitsamt

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Ein Umbruch steht an - mehr als die Hälfte der Formel 1 Fahrer wissen nicht, wie es weitergeht.

Elmar Brümmer

Mit schwer vermittelbaren Fällen kennt man sich im Königreich von Scheich Al-Khalifa aus. Seit ein paar Monaten bietet Bahrain dem gefallenen Pop-Prinzen Michael Jackson eine neue Heimat. Dass die Formel 1 in diesem Jahr ausgerechnet hier startet, ist ein schöner Zufall - auch in der Serie suchen viele Prominente neuen Unterschlupf.

Die Verträge von gut der Hälfte der Top-Rennfahrer laufen zu Saisonende aus, die Jagd auf die Arbeitsplätze für 2007 hat begonnen. Wie schnell sich das Fahrerkarussell drehen wird, hängt grundsätzlich von zwei Schlüsselfiguren ab: Michael Schumacher mag erst im Sommer abwägen, ob er die Rente noch mal hinausschiebt. Ähnlich abwartend verhält sich Kimi Räikkönen. Der Finne, der im Winter eine vorzeitige Verlängerung seines McLaren-Kontraktes ablehnte, setzt auf die Chance der freien Auswahl.

Ständiges Kommen und Gehen

Viele Teams steuern auf einen Umbruch zu, das "Bauteil Mensch" ist wieder sehr gefragt. Mit seinem früh bekannt gegebenen Wechsel von Renault zu McLaren-Mercedes für die Saison 2007 hatte Fernando Alonso im Dezember das getan, was einem echten Champion immer gut zu Gesicht steht: Die Geschicke der ganzen Branche zu lenken.

Vor allem die Fahrer seines neuen Teams hat der Transfer ziemlich ernüchtert. Kimi Räikkönen und Juan-Pablo Montoya fühlten sich von Teamchef Ron Dennis ausgemustert. Das könnte in der jetzt beginnenden Saison zu einer Trotzreaktion führen - oder zu einem überflüssigen Ausscheidungsfahren.

Eigentlich können sich beide McLaren-Piloten den Schlag ins Gesicht nicht gefallen lassen. Zumindest Raikkönens Marktwert dürfte aber nicht sinken. Wahlweise wird der Finne als "sicherer" Zugang bei Ferrari oder Toyota vermeldet.

Ferrari-Chef Luca di Montezemolo hat mehrmals durchblicken lassen, dass er mit Räikkönen und dessen Freiheitsdrang kein Problem habe. Ob statt oder mit Michael Schumacher, das bleibt offen. Räikkönen kokettiert: "Was Schumacher macht, hat keinen Einfluss auf mich." Der 25-Jährige dürfte sich leicht tun, künftig 20 Millionen Euro pro Jahr zu verdienen. Sein 30-jähriger Kollege Montoya muss dagegen für sich werben, die Offensive suchen.

Begehrte Positionen

Über Alonsos Frühstart freut sich bislang nur dessen Teamkollege Giancarlo Fisichella. Der 33-Jährige hat in seinem bisherigen Rennfahrerleben meist über eine angebliche Benachteiligung geklagt. Er setzt darauf, dass Renault nach Alonsos Vertrauensbruch alle Kräfte auf ihn konzentriert. Allzu sicher darf sich Fisichella aber nicht fühlen. Erfüllt er die Ansprüche von Manager Flavio Briatore nicht, bekommt er den Freifahrtschein ins Nirgendwo. Montoya soll bereits bei dem Team angeklopft haben.

Jarno Trulli gibt bei Toyota den stillen, aber schnellen Entwicklungsfahrer, und das passt den in Köln sitzenden Japanern bisher auch gut ins Konzept. Für die Schlagzeilen haben sie ja Ralf Schumacher. Was aber, wenn die Zentrale in Japan im Duell der Ehre mit dem neuen Honda-Werksteam plötzlich eine echte Szenegröße verlangt?

An den nötigen Yen sollte es nicht scheitern. Gerade erst hat die Konkurrenz 120 Millionen Dollar für einen Sechs-Jahres-Kontrakt mit Jenson Button freigegeben und Rubens Barrichello als Beifahrer dazu verpflichtet. Der 31 Jahre alte Trulli, dessen Vertrag sich dem Ende entgegen neigt, bettelt um Vernunft: "Es ist nie von Vorteil, wenn man ein Team verlässt - speziell dann nicht, wenn man sich gemeinsam weiterentwickelt." Toyotas Rolle als Zahlmeister wird nahezu von jedem Piloten mit Zukunftsängsten dazu genutzt, mit einem angeblichen Angebot zu pokern.

Gefahr der Ausmusterung

Auf Gnade der Arbeitgeber und vor allem einen überzeugenden Auftritt mit den neuen Rennwagen müssen auch Felipe Massa bei Ferrari und Jacques Villeneuve bei BMW hoffen. Zwischen dem 24-jährigen Brasilianer und dem 34 Jahre alten Kanadier gibt es zwar einen Generationsunterschied, aber sie tragen beide das gleiche Etikett: Platzhalter. Finden die Headhunter aus Maranello und München einen namhaften Ersatz, rückt die Ausmusterung näher.

Jeder auf dem unübersichtlichen Arbeitsmarkt für Rennfahrer fährt zunächst in eigener Sache. Das gilt auch für den 29-jährigen Mark Webber, der bei Williams bisher vor allem Enttäuschungen einfuhr, und den 34-jährigen David Coulthard, die große Überraschung des Red-Bull-Teams 2005. "Ich muss mich für 2007 empfehlen", hat der Schotte als Ziel für die Saison ausgegeben. Gelingt ihm das nicht, könnte eine der vielen Partys seines Rennstalls seine Abschiedsveranstaltung werden.

© SZ vom 10.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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