Karriere von Joachim Löw:Edel-Taktiker mit Sternchen

Aus dem Fußballer Joachim Löw wurde kein großer Spieler, als Trainer führte er die Nationalmannschaft aber zum WM-Titel. Seine Karriere in Bildern.

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WM 2018 - Südkorea - Deutschland

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Aus Joachim Löw wurde kein großer Spieler, aber ein erfolgreicher Trainer. Er modernisierte den deutschen Fußball in Hochgeschwindigkeit - bis zum WM-Titel 2014. Doch das Turnier 2018 markierte einen Bruch, Löws Team schied in der Vorrunde aus. Das war der DFB-Elf zuvor noch nie passiert.

Andere Trainer sind in vergleichbaren Situationen zurückgetreten, doch Löw nahm sich lediglich ein paar Tage Bedenkzeit. Er entschied, vorerst weiterzumachen, baute sein Team um, will die EM 2020 noch einmal angehen - danach aber aufhören. Das verkündete der DFB drei Monate vor dem geplanten Start der Europameisterschaft.

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Löw wurde 1960 in Schönau im Schwarzwald geboren. Früh wurde er Fußballer, zunächst in Freiburg, dann mit 21 Jahren in Stuttgart (im Bild bei Eintracht Frankfurt, 1981). Löw war noch als 34-Jähriger aktiv, der große Durchbruch gelang ihm allerdings nie - auch wegen eines schwerwiegenden Fouls. Während eines Vorbereitungsspiels mit dem VfB musste er einen Tritt vom damaligen Liverpool-Torwart Ray Clemence verkraften. Diagnose: Schien- und Wadenbeinbruch. Löws Reaktion etliche Jahre später: "Dieser Tag hat meine Karriere verändert, danach war ich nie mehr so dynamisch."

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In der Tat war Löw zwar ein technisch gut ausgebildeter Fußballer, es mangelte ihm aber an Tempo. Von Stuttgart aus wechselte er zu Eintracht Frankfurt, wieder zu Freiburg (im Bild, 1983), zum Karlsruher SC, wieder zu Freiburg und dann in die Schweiz. Beim FC Schaffhausen und FC Winterthur ließ er seine Karriere als Aktiver ausklingen. Beim FC Frauenfeld agierte er ab 1994 als Spielertrainer, ein Jahr später war der Trainer Löw endgültig geboren: Er wurde Co-Trainer beim VfB Stuttgart.

Training VfB Stuttgart Trainer Rolf Fringer re und Co Trainer Joachim Löw

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Stuttgart war auch Löws erste Station als Bundesligatrainer. 1996 avancierte er zum Interims-Coach, weil Amtsinhaber Rolf Fringer (re.) Schweizer Nationaltrainer wurde. Zwar suchte die Vereinsführung einen erfahrenen Coach, doch Löw machte seine Sache so gut, dass er - ohne Fußballlehrer-Lizenz - zum Cheftrainer ernannt wurde. Seine erste Saison beendete er gleich mit einem Titel: Löw führte den VfB 1997 zum Sieg im DFB-Pokal.

Trainer Joachim Löw VfB Stuttgart

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Mit Löw kehrte auch eine neue Art von Trainer in die Bundesliga ein: Der stille, zuvorkommende und - zumindest später - stets adrette Stil stand der rumpeligen und lauten Attitüde des Geschäfts gegenüber. Das brachte Löw den Beinamen "der nette Herr Löw" ein - auch als Anspielung an seine bisweilen konfliktscheue Art.

Versand Fussball: Joachim Loew wird neuer Assistenztrainer von Juergen Klinsmann

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Trotz seiner Erfolge endete die Zeit in Stuttgart abrupt. Löw hatte die Elf um Fredi Bobic, Krassimir Balakow und Giovane Elber gerade auf Rang vier in der Bundesliga manövriert, da verkündete VfB-Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder (li.) im Mai 1998 Löws Entlassung. Letzterer hatte erst einmal genug von der Bundesliga und flüchtete in die Türkei zu Fenerbahçe Istanbul.

Versand Fussball: Joachim Loew wird neuer Assistenztrainer von Juergen Klinsmann

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Die Zeit nach seinem Engagement beim VfB war für Löw eine unbefriedigende. In Istanbul wurde er nach einem Jahr entlassen, im Oktober 1999 übernahm er das Traineramt beim Zweitligisten Karlsruher SC (Foto) - trat aber nach nur einem Sieg in 18 Spielen im April 2000 wieder zurück. Löw absolvierte einen Sonderlehrgang des DFB zum Erwerb der Trainerlizenz. Während dieser Zeit machte er Bekanntschaft mit einem gewissen Jürgen Klinsmann.

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Es dauerte, bis Löw und Klinsmann beruflich zusammenfanden. Löw versuchte es noch einmal in der Türkei beim Erstligisten Adanaspor, flüchtete aber nach acht Wochen wieder. Dann begann seine Zeit in Österreich, die ihn prägen sollte. Im Oktober 2001 wurde Löw Trainer vom FC Tirol Innsbruck (Foto), im kommenden Sommer holte er den Meistertitel - den ersten und vorerst letzten seiner Laufbahn.

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Trotz des sportlichen Erfolgs meldete Innsbruck Insolvenz an. Löw fand aber umgehend einen neuen Arbeitgeber: Austria Wien (Foto) engagierte den Meistertrainer. Der Badener führte das Team auf Rang eins in der Tabelle, wurde im März 2004 dennoch entlassen. Die Allmachtsansprüche von Wien-Boss Frank Stronach passten nicht zu Löws Trainerarbeit.

Fussball: Laenderspiel 2004, GER-CMR

Quelle: Martin Rose/Getty

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Joachim Löw hatte nun einiges vorzuweisen: Erfahrung im In- und Ausland, einen Meistertitel. Jürgen Klinsmann, der gerade zum Bundestrainer berufen worden war, genügte das: Er machte Löw nach der EM 2004 zu seinem Assistenten, Länderspiele wie jenes gegen Kamerun im November 2004 (Foto) dirigierten sie fortan gemeinsam. Klinsmann interessierten auch die Charaktereigenschaften seines Kumpanen: den Optimismus und die positive Ausstrahlung Löws. Die beiden wurden schnell Vertraute.

Fussball: Nationalmannschaft Deutschland 2004, DFB PK

Quelle: Bongarts/Getty Images

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Den Höhepunkt der Klinsmann-Löw-Verbundenheit markierte die WM 2006 im eigenen Land. Die deutsche Elf stieß berauscht bis ins Halbfinale vor, wo Italien in der Verlängerung das Aus brachte. Deutschland wurde Dritter - und das Bundestrainer-Duo ließ sich am Brandenburger Tor feiern.

WM 2006 - Deutschland Joachim Löw

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Löw war nach der WM 2006 längst aus der Aura eines Co-Trainers herausgetreten. Mit seinem taktischen Verstand avancierte er zum Nachfolger Nummer eins, als Klinsmann 2006 zurücktrat. Löw wurde Bundestrainer - es war der Start einer Ära. Löws Fußball bietet sowohl Offensivaktionen und feines Zusammenspiel als auch hohe Laufbereitschaft und gute Zweikampfquoten. 2008 qualifizierten sich die Deutschen schon drei Spieltage vor Ende der Qualifikation als Erste für die Endrunde der EM.

EURO 2008 - Kroatien - Deutschland

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Im Umgang mit seinen Nationalspielern zeigte Löw immer wieder, dass er gewisse Prinzipien pflegt. Auf Undiszipliniertheiten reagiert er allergisch. Kevin Kuranyi verließ im Oktober 2008 beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Deutschland und Russland zur Halbzeit das Stadion, er war frustriert, weil er zum Kader gehörte, nicht aber zum 18er-Aufgebot. Kurz darauf verkündete Löw, den Stürmer nicht wieder in die Nationalmannschaft berufen zu wollen.

EURO 2008 - Deutschland - Türkei

Quelle: Daniel Dal Zennaro/dpa

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Die EM 2008 war ein souveränes Turnier mit Finaleinzug für Löws Elf (Foto) - allein die Spanier waren beim 0:1 im Endspiel zu stark. Die Qualifikation für die WM 2010 verlief wieder unproblematisch, sie endete mit zwei Unentschieden und acht Siegen. Der Weg zum nächsten großen Turnier war geebnet - da trug DFB-Präsident Theo Zwanziger vorschnell eine Verkündigung in die Öffentlichkeit.

DFB President  Zwanziger and national team coach Loew attend reception at Chancellery in Berlin

Quelle: REUTERS

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Löw habe seinen Vertrag verlängert, sagte Zwanziger Anfang 2010 - doch eine Unterschrift oder gar eine Einigung mit Löw gab es nicht. Das Vorpreschen des Präsidenten missfiel dem Bundestrainer, er brach die Verhandlungen ab. Schließlich wollte er sich erst voll und ganz auf das Turnier in Südafrika konzentrieren.

WM 2010 - Deutschland - Spanien

Quelle: Marcus Brandt/dpa

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Erneut begeisterte die deutsche Mannschaft ihre Fans mit neuen Talenten und viel Drang nach vorne. Spätestens nach dem rauschhaften 4:0-Erfolg gegen Argentinien im Viertelfinale staunten auch andere Nationen über den deutschen Fußball. Das Team schaffte es bis ins Halbfinale, wurde dort von Spanien gestoppt (Foto). Als erster Deutscher wurde Löw von der französischen Sportzeitschrift L'Equipe zum Trainer des Jahres gewählt.

Spieler Ballack und Trainer Löw, hier bei einem gemeinsamen Auftritt im Jahre 2006.

Quelle: AFP

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Den Erfolg in Südafrika hatten Löw und seine Mannschaft ohne Michael Ballack errungen - der langjährige Capitano musste verletzt passen. Löws Spiel funktionierte auch ohne Ballack - diese Erkenntnis sprach der Bundestrainer aber erst 2011 aus. Zuvor hatte er den verdienten Nationalspieler lange hingehalten. Es entwickelte sich ein öffentlich ausgetragener Zank, an dessen Ende Ballack ein ihm lange verwehrtes Abschiedsspiel ausschlug.

Germany Training & Press Conference - 2014 FIFA World Cup Brazil

Quelle: Martin Rose/Getty Images

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So sehr Löw seine Prinzipien pflegt, so sehr kann er sich in Spieler vernarren - auch wenn sie gerade keine Schlüsselpositionen in ihren Klubs besetzen, hält Löw an ihnen fest. Begünstigte in der Vergangenheit hießen etwa Lukas Podolski und Miroslav Klose (re.) - dabei war der Stürmer von Lazio Rom mit seinen 36 Jahren bei der WM 2014 nicht gerade ein aufstrebendes Talent. Dass Löw an Klose festhielt und den einstigen Torschützenkönig Stefan Kießling nicht mehr in die Nationalmannschaft berief, war ein weiteres Indiz für Löws klare Linie.

Germany v Italy - UEFA EURO 2012 Semi Final

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Nach der WM 2010 verlängerte Löw seinen Vertrag als Bundestrainer, bis zum Sommer 2014. Einen erheblichen Knacks bekam Löws Image bei der EM 2012. Mit zehn Siegen war die Mannschaft durch die Qualifikation marschiert, doch in Polen und der Ukraine war im Halbfinale Schluss. Das Spiel, das 1:2 gegen Italien ausging (Foto), bekam das Prädikat "vercoacht" verpasst: Zu sehr hatte sich Löw in Taktik und Aufstellung am Gegner ausgerichtet und dabei das eigene - allseits so hochgelobte - Spiel vernachlässigt. Der harschen Kritik begegnete Löw mit wochenlangem Schweigen.

Germany's coach Joachim Loew wipes his face after the first half of the 2014 World Cup Group G soccer match between Germany and the U.S. at the Pernambuco arena in Recife

Quelle: REUTERS

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Die Bewertung von Löws Arbeit wurde seitdem vom Makel des Italien-Spiels begleitet, einhergehend mit dem Vorwurf, der Bundestrainer sei nicht in der Lage, aus der besten deutschen Auswahl seit langem einen Titelgewinner zu formen - doch das sollte die WM in Brasilien ändern. Ohne Niederlage und mit einer 7:1-Demontage der Brasilianer im Halbfinale erfüllte der Bundestrainer die Hoffnungen etlicher Fußballfans. Löw hat die Generation aus seltenen Talenten tatsächlich zu Weltmeistern geformt.

World Cup 2014 - Final - Germany - Argentina

Quelle: dpa

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Auf diesen Moment hofft jeder Trainer: einmal den WM-Titel zu gewinnen. Joachim Löw hat sich den Traum erfüllt und konnte in Brasilien mit seinem Team den größten Erfolg feiern, den es im Fußball gibt. Damit reiht sich Löw in folgende Liste an deutschen Weltmeistertrainern ein: Sepp Herberger, Helmut Schön und Franz Beckenbauer.

Bundestrainer Löw verlängert Vertrag

Quelle: dpa

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Dass die Nationalmannschaft bei der EM 2016 bereits im Halbfinale an Gastgeber Frankreich scheiterte, stachelte Löw nur noch mehr an. Auch aus diesem Grund verlängerte er seinen Vertrag bis 2020: Er war noch nicht satt. Löw wollte es noch einmal wissen.

Chile - Deutschland

Quelle: dpa

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Und schon bald holte er den nächsten Titel: den Confed Cup, im Sommer 2017. Für das Turnier in Russland nominierte Löw eine junge Mannschaft. Gestandene Spieler wie Sami Khedira, Mesut Özil oder Thomas Müller fehlten im Kader; stattdessen waren etwa Leon Goretzka oder Sandro Wagner dabei. Doch die vergleichsweise unerfahrene Truppe gewann jedes Spiel (wenn auch nicht gegen absolute Top-Top-Gegner), im Finale gelang ein 1:0 gegen Chile. Nahezu zeitgleich holte die deutsche U21 bei der EM in Polen den Titel. Das DFB-Team, so sah es aus, musste sich angesichts derart vieler Talente um seine Zukunft keine Sorgen machen.

Northern Ireland v Germany - 2018 FIFA World Cup Qualifying - Gro

Quelle: dpa

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Der Eindruck verfestigte sich noch durch die gelunge WM-Qualifikation. Durch ein 3:1 im Oktober in Nordirland qualifizierte sich Löws Elf vorzeitig für das Turnier in Russland. Insgesamt standen zehn Siege aus zehn Spielen in der Bilanz. Erneut waren die Gegner nicht übermäßig stark, ein Eindruck, den viele auch hatten von der WM-Gruppe, die Deutschland im Dezember zugelost bekam: Schweden, Mexiko und Südkorea.

Im Mai, einen Monat vor der WM, verlängerte der DFB den Vertrag mit Löw vorzeitig um zwei Jahre - bis 2022. Die Verlängerung, so sagte Löw, sei eine "große Verantwortung, verbunden mit der Verpflichtung, die Nationalmannschaft weiter zu entwickeln". Die WM missriet aber völlig, das Team schied nach der Vorrunde aus, was auch die Kritik an Löw verstärkte.

Trainingslager Nationalmannschaft - Training

Quelle: Christian Charisius/dpa

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Doch Löw entschied sich zunächst zum Weitermachen: Er wollte sein Team neu ausrichten, beförderte verdiente Spieler wie Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng aus der Mannschaft, leitete einen Verjüngungsprozess ein. Das anvisierte Ziel, die EM 2020, wurde pandemiebedingt aufs Jahr 2021 verschoben. Diese möchte Löw noch angehen, danach hört er als Bundestrainer aber auf, ein Jahr vor dem Vertragsende. "Ich gehe diesen Schritt ganz bewusst, voller Stolz und mit riesiger Dankbarkeit", sagte Löw. Die Diskussion um seine Nachfolge ist damit eröffnet.

© SZ.de/ska/jkn/chge
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