Karlsruher SC:Badisch, pragmatisch, gut

Karlsruher SC SG Dynamo Dresden Deutschland Karlsruhe 03 08 2019 Fussball 2 Bundesliga Sais

Ein Tag zum Niederknien: Dirk Carlson und der Karlsruher SC freuen sich über das 4:2 gegen Dresden und einen perfekten Zweitliga-Start.

(Foto: Sportfoto Rudel/imago)

Mit Ergebnisfußball gewinnt der KSC auch in Liga zwei - und will den Boom durch einen Stadionausbau weiter fördern.

Von Christoph Ruf, Karlsruhe

Das Karlsruher Erfolgsgeheimnis brachte ein Spieler auf den Punkt, der erst seit ein paar Wochen im Badischen Dienst tut: "Wir haben ein paar Ochsen in der Mannschaft, da sind Standards eine Waffe", sagte Philipp Hofmann. Einer dieser Ochsen ist er selbst: mit 1,95 Körpergröße bei schlanken 90 Kilogramm. Kein Wunder, dass es bei seinem Kopfball zum 1:1 so aussah, als habe die Dresdener Abwehr nur zugeschaut. Dabei war das Dynamo-Personal wohl einfach nur zu klein, um sich in Hofmanns Höhen zu hieven.

Das 4:2 (1:1) der Karlsruher, ihr zweiter Sieg im zweiten Spiel nach dem Zweitliga-Aufstieg, war das Ergebnis von zwei komplett konträren Spielanlagen, das beide Trainer perfekt auf die Physiognomien ihrer Spieler zugeschnitten zu haben schienen: Die kleinen, wuseligen Dresdener, die den Ball laufen ließen, sich selbst unter Druck mit Quer- und Steilpässen aus dem Strafraum herauskombinierten, ihre wenigen Chancen aber verschluderten - gegen laufstarke Karlsruher, die engagiert verteidigten und lange Bälle in die Spitze schlugen. Es kommt wohl nicht so oft vor, dass eine Heimmannschaft, die 4:2 gewinnt, nur 35 Prozent Ballbesitz hat, beim KSC ist das nicht außergewöhnlich. "Ich glaube, dass wir, so schlimm sich das anhört, ein gutes Spiel gemacht haben", sagte Dresden-Trainer Cristian Fiel, "aber der KSC hat die Qualität, gut zu kontern."

Kampf und lange Bälle reichen dem KSC für ein 4:2 gegen wuselige, spielstarke Dresdner

Manche Trainer würden solche Worte als vergiftetes Kompliment werten - KSC-Coach Alois Schwartz nicht. Der Fußballpragmatiker hatte schon in der dritten Liga kein Problem damit, dem Gegner die höhere spielerische Qualität zuzubilligen - sofern es sein Team war, das gewann. Das war meist der Fall.

Zusammen mit Sportchef Oliver Kreuzer ist Schwartz der Ansicht, dass in der zweiten Liga letztlich die gleichen Qualitäten gefragt sind wie in der dritten: dass es ums Kämpfen, Rennen und clever Verteidigen geht - und nicht darum, sich einer attraktiven Spielidee zu verschreiben.

Das Korsett des KSC-Kaders bilden Torwart Benjamin Uphoff, die nicht mehr ganz jungen Innenverteidiger Daniel Gordon, 34, und David Pisot, 32, sowie Marvin Wanitzek und der Schützenkönig der vergangenen Saison, Marvin Pourié (22 Tore). Nur für Anton "Toni" Fink, der im Aufstiegsjahr 15 Mal traf, könnte diese Saison schwieriger werden als die vorherige. Beim Saisonstart in Wehen (2:1) und nun gegen Dresden wurde dem kleinen Fink der neu verpflichtete "Ochse" Hofmann (von Eintracht Braunschweig) vorgezogen, und der hat jetzt bereits drei Treffer auf dem Konto. Dass der bisherige Topverdiener Dominik Stroh-Engel, der in der vergangenen Saison exakt drei Minuten Spielzeit bekommen hatte, nach Haching wechselte, dürfte den KSC allerdings noch mal eine sechsstellige Abfindung gekostet haben.

Mit knapp 20 Millionen Euro (Kredite, Darlehen, Besserungsscheine) steht der KSC kurz- und mittelfristig in der Kreide. Ohne die Rückendeckung des reichen Vizepräsidenten Günter Pilarsky sähe es übel aus. Dankbar muss der KSC auch sein, dass die Stadt Karlsruhe den Stadion-Neubau fast alleine vorfinanziert, der KSC darf knapp 120 Millionen Euro über 30 Jahre abstottern. Neben den finanziellen Problemen gibt es aber auch positive Entwicklungen. Trotz der Konkurrenz aus Hoffenheim, Stuttgart oder Freiburg hat der KSC seine Fanbasis über Jahrzehnte erhalten. Und langsam findet ein Generationswechsel statt. Während viele ältere Anhänger noch von den glorreichen Zeiten mit den Eigengewächsen Kahn, Sternkopf, Nowotny und Scholl schwärmen, war etwa die Hälfte jener Fans, die den Verein heute begleiten, noch gar nicht geboren, als der KSC 1993 Valencia im Europapokal 7:0 besiegte. Der Rückhalt ist nach wie vor stark.

Die im Sommer aufgelegte Fan-Anleihe zur Förderung des Jugendbereiches brachte in vier Wochen zweieinhalb Millionen Euro ein. Nicht ganz unrealistisch ist zudem die Hoffnung, in der Boomregion Nordbaden wieder verstärkt von Großsponsoren wahrgenommen zu werden, wenn aus dem zugigen alten Wildparkstadion eine moderne Arena geworden ist.

Während die KSC-Fans gegen Dresden auf der Baustelle in hohen Dezibelbereichen den Sieg besangen, gab es im Gästebereich viel Platz. Die Dresdener Ultras boykottierten die Fahrt ins Badische. Bei der bisher letzten Zweitliga-Partie im Wildparkstadion, im Mai 2017, war die komplette Gästekurve in Tarnfleck aufmarschiert und hatte als "Football-Army Dynamo" dem DFB den Krieg erklärt. Monate später führte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe eine Razzia in Dresden durch - allerdings nicht bei jenen Fans, denen Straftaten unterstellt wurden, sondern bei den Anführern von "Ultras Dynamo", die jetzt befürchteten, dass es erneut Maßnahmen gegen sie geben würde: "Rund um dieses Spiel soll es die gewünschten Bilder geben. Diese Show wollen wir ihnen nicht geben."

So war es die KSC-Kurve, die mit einer Choreografie ans 125. Vereinsjubiläum in diesem Jahr erinnerte. Im Badischen gibt es gar nicht wenige Menschen, die optimistisch sind, dass die geplante neue Stadion-Kapazität von 34 000 Plätzen nicht überdimensioniert ist, weil künftig wieder häufiger große Gegner kommen werden.

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