Karlsruhe:Abschied nach 91 Tagen

Karlsruher SC - Würzburger Kickers

Nur acht Punkte aus zehn Spielen: eine Ausbeute, die zur Freistellung des Karlsruher Trainers Mirko Slomka führte.

(Foto: Uli Deck/dpa)

Mirko Slomkas Intermezzo beim Karlsruher SC endet auf dem letzten Tabellenplatz. Die Mannschaft wirkt verunsichert und hierarchielos.

Von Tobias Schächter, Karlsruhe

Der Karlsruher SC ist Tabellenletzter in der zweiten Liga. Dienstagnacht, wenige Stunden nach dem 1:1 gegen die Würzburger Kickers, zog der Klub seine letzte Option, um den drohenden Abstieg zu verhindern. Er wechselte "doch noch mal den Trainer", wie Sportdirektor Oliver Kreuzer frustriert feststellte. 91 Tage sind selbst im Fußballlehrer-Gewerbe eine verdammt kurze Zeit, doch länger hat es Mirko Slomka, 49, nicht geschafft, Trainer in Karlsruhe zu bleiben. Mit dem aus seiner Zeit bei Schalke und Hannover im Europacup erfahrenen Coach taumelte der KSC nur stetig weiter abwärts.

Der Klassenerhalt soll mit Marc-Patrick Meister, 37, doch noch geschafft werden. Der U17-Trainer des KSC fungierte bereits unter Slomka als Assistent. Meister nennt kurz und bündig sein Programm: "Ich werde in alle Himmelsrichtungen überlegen und spinnen." Der ehemalige KSC-Profi Christian Eichner und der bisherige Slomka-Assistent Zlatan Bajramovic werden dem neuen Chef zuarbeiten - Meister soll auch bei einem Abstieg Trainer der Karlsruher Profimannschaft bleiben.

Es gehört zu den bizarren Pointen einer völlig verkorksten Saison, dass nun ausgerechnet Meister den Retter geben soll. Als Kreuzer einen Nachfolger für den im Dezember entlassenen Tomas Oral suchte, entschied er sich für seinen "Wunschtrainer" Slomka, mit dem er einst beim Hamburger SV zusammengearbeitet hatte. Meister war auch im Gespräch, aber Kreuzer sagte: "Diese Nagelsmänner wachsen nicht auf den Bäumen." Man könne nicht irgendwo einen U17-Trainer ausgraben, in der Hoffnung, der könne eine solch komplizierte Situation im forschen Sturm und Drang des jungen Hoffenheimer Cheftrainers Julian Nagelsmann, 29, meistern. Ob er nicht Angst habe, schnell verbrannt zu werden, wurde Meister gefragt: Nein, so der Neue, es sei doch "geil", am Sonntag zum Einstand das wegweisende Derby gegen den VfB Stuttgart coachen zu dürfen.

Allerdings wirkt die Mannschaft verunsichert und hierarchielos. Kreuzer hatte direkt nach dem Würzburg-Spiel erklärt, er schwöre Stein und Bein, dass Slomka beim Derby in Stuttgart noch auf der Bank sitze. Nun sei er nicht vom Präsidium überstimmt worden, versichert Kreuzer, gestand aber ein, dass es schon nach dem 0:3 gegen Düsseldorf intern eine Trainerdiskussion gab. Doch auch jetzt könne er dem Scheidenden - außer fehlenden Resultaten - keinen Vorwurf machen. Der Niedersachse wirkte in Baden aber wie ein Fremder. Anspruch des Trainers und Realität des klammen Zweitligisten schienen nicht zusammenzupassen. Und eine "Jetzt-erst-Recht"-Stimmung konnte Slomka nicht erzeugen, zu den Heimspielen kamen nur noch 13 000 Zuschauer.

Kritik wird erneut auch an Präsident Ingo Wellenreuther laut. Ohne Not sprengte der CDU-Bundestagsabgeordnete nach dem verpassten Erstliga-Aufstieg im Sommer 2015 die sportliche KSC-Führungsriege mit dem damaligen Trainer Markus Kauczinski und Sportdirektor Jens Todt. Viele sehen darin heute den Anfang vom drohenden Ende.

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