Atakan Karazor beim VfB Stuttgart:Bekenntnis unter Vorbehalt

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Karazor im Spiel gegen Wolfsburg im April. (Foto: Robin Rudel/Imago)

"Ganz klar unser Spieler": Der nach einer Anzeige wegen sexueller Nötigung aus der U-Haft entlassene Atakan Karazor soll beim VfB Stuttgart wieder am Training teilnehmen. Geklärt ist der Fall noch nicht.

Von Christoph Ruf

Die offizielle Saisoneröffnung mit dem 5:2 gegen Valencia war am Wochenende nicht lange das dominierende Thema unter den Fans des VfB Stuttgart. Wenige Stunden nach dem Schlusspfiff bestimmte ein weitaus ernsterer Anlass die Diskussionen: Dass Atakan Karazor, gegen den eine Frau Anzeige wegen "sexueller Nötigung" erstattet hatte, nach sechs Wochen Untersuchungshaft auf Ibiza freigelassen worden war, sorgte für Kontroversen. Und ebenso die Tatsache, dass VfB-Kaderplaner Sven Mislintat betont hatte, der Verteidiger werde nach seiner Rückkehr selbstverständlich wieder am Training teilnehmen.

"Das ist ein Mensch, der noch nicht einmal angeklagt ist", zitiert der Kicker Mislintat. Karazor, 25, sei "ganz klar unser Spieler und ein volles Mitglied des Teams". Zudem habe er "kein Verständnis" dafür, sagte Mislintat, wenn in sozialen Medien ein Mensch vorverurteilt werde, gegen den noch nicht einmal Anklage erstattet worden sei.

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Da das spanische Recht dem Beschuldigten während der U-Haft nur den Kontakt mit seiner Familie und seinem Anwalt gestattet, konnte der VfB bis zum Wochenende keine direkte Rücksprache mit Karazor halten. Der Fußballer hatte über seine im Ruhrgebiet wohnende Familie und seinen Berater allerdings ausrichten lassen, dass er die ihm zur Last gelegten Vorwürfe bestreite.

Sobald er Mitte der Woche wieder ins Training einsteigt, soll es ein Gespräch über die Vorwürfe geben. Mislintats Aussagen deuten aber darauf hin, dass er im kurzen Telefonat mit Karazor nichts anderes gehört haben dürfte als zuvor von dessen Berater: Karazor bestreitet den Vorwurf der sexuellen Nötigung, den die Frau allerdings aufrechterhält. Ob und, falls ja, wann Anklage erhoben wird, ist offen.

Den mit der Angelegenheit betrauten Personen im Verein, also Mislintat, Trainer Pellegrino Matarazzo und Geschäftsführer Alexander Wehrle, ist zuzutrauen, dass sie die Dimension der Angelegenheit durchdacht haben. Zusammen mit dem ehemaligen Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und Präsident Claus Vogt haben sie dafür Sorge getragen, dass der einst konservativ geführte Verein sich zuletzt deutlich gegen Rassismus, Homophobie und für mehr Diversität ausgesprochen hatte. Ihnen dürfte also bewusst sein, wie heikel es ist, wenn bei solch schwerwiegenden Vorwürfen der Eindruck entstehen würde, dass ein Verein Opfer und Täter verwechselt. Ist Karazor unschuldig, wäre eine Suspendierung allerdings eine ziemlich skandalöse Vorverurteilung. Sollten sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen, wäre eine Vertragsauflösung die einzig logische Konsequenz. Mislintats Bekenntnis darf man dementsprechend wohl als eines unter Vorbehalt verstehen, als Vertrauensvorschuss für einen Angestellten, für den bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung zu gelten hat.

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Der VfB Stuttgart teilte mit, dass der Spieler eine strafbare Handlung bestreite. Zu den Vorwürfen machte der Klub keine Angabe.

Viele Fans hätten es offenbar schon jetzt besser gefunden, wenn der VfB in dem schwebenden Verfahren genau andersherum reagiert hätte und unter Verweis auf die in der Sache erhobenen Vorwürfe Karazor einstweilen vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen hätte. Das dürfte allein schon arbeitsrechtlich schwierig sein. Schließlich braucht ein Arbeitgeber Justiziables, wenn er einem Arbeitnehmer vertraglich fixierte Rechte vorenthält.

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