Süddeutsche Zeitung

Kapitalerhöhung bei Borussia Dortmund:Ein bisschen FC Bayern

Borussia Dortmund stärkt durch eine Kapitalerhöhung in dreistelliger Millionen-Höhe seine Finanzkraft - und hofft, den Abstand zu den Münchnern so zu verringern. An der bisherigen Klubphilosophie soll sich aber nichts ändern.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Das Wettrüsten geht weiter. Am Donnerstag, an dem normalerweise Trainer Jürgen Klopp von Journalisten über aktuelle Wehwehchen der Spieler und taktische Finessen zum bevorstehenden Spieltag befragt wird, verkündete diesmal Borussia Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke Nachhaltiges.

Der Namensgeber des Stadions, die Signal-Iduna-Versicherung, steigt als neuer Aktionär beim BVB ein, und auch der Ausrüster-Partner Puma wird als Gesellschafter an Bord kommen. Zudem will der schon vor wenigen Wochen als Investor eingestiegene Trikotsponsor Evonik Industries bei einer zweiten Kapitalerhöhung erneut mitmachen. In der Summe fließen aus den beiden Kapitalerhöhungen dieses Sommers geschätzte 140 Millionen Euro in die Kassen der Dortmunder.

Beim FC Bayern, bei dem in diesem Jahr als dritter Groß-Gesellschafter die Allianz eingestiegen ist, sowie den beiden Werksklubs Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg dürfte die Finanzspritze für die Borussia vermutlich so ankommen, wie sie gemeint ist: Der BVB wächst weiter und stellt sich finanziell immer bedrohlicher auf. Dafür gibt der BVB 24,5 Millionen neue Aktien aus.

Da zunächst die Altaktionäre auch für die "jungen Aktien" zeichnen dürfen, die nun in den Handel kommen, ist noch nicht genau zu beziffern, welche Anteile Evonik, Puma und Signal-Iduna am Ende halten werden. Signal-Iduna Chef Ulrich Leitermann geht von einem Anteil von "fünf Prozent oder etwas mehr" aus, Watzke bezifferte die Quoten von Puma mit etwa fünf Prozent und die von Evonik bei zirka 15 Prozent des Aktienkapitals.

Dortmund will weitere Anteilseigner gewinnen

Ähnlich wie der FC Bayern, der die langjährigen Sponsoren Audi, Adidas und Allianz auch als Klub-Gesellschafter eingebunden hat, konnte Dortmund damit ebenfalls seine drei größten und langdauerndsten Sponsoren nun auch als Teilhaber gewinnen. An den tatsächlichen Machtverhältnissen ändert sich dadurch in der Struktur der "Kommanditgesellschaft auf Aktien" nichts. Wer auch immer die Aktien beim BVB hält: Das Sagen hat immer die Geschäftsführungs-GmbH des Gebildes - und die gehört zu 100 Prozent dem eingetragenen Verein Borussia Dortmund mit dem Präsidenten Reinhard Rauball.

Wirtschaftlich aber macht der Einstieg der drei Schwergewichte einen gravierenden Unterschied für die Dortmunder, denen in den vergangenen vier erfolgreichen Jahren immer wieder Spieler wie Sahin, Kagawa, Götze oder zuletzt Lewandowski abhanden kamen, weil andere Klubs, insbesondere der FC Bayern, mit ihrer größeren Finanzkraft deutlich höhere Gehälter zahlen konnten. Die Lücke wird der BVB allerdings auch mit den Millionen der neuen Gesellschafter nicht um jeden Preis zu schließen versuchen: "An unserer Philosophie ändert sich nichts", kündigte Watzke an, "wir streben Wachstum an, aber die Gehälter steigen bei uns nur aus dem Wachstum im normalen Geschäftsbetrieb, nicht durch solche Einmaleffekte."

Stattdessen wird der Klub mit dem frischen Kapital die restlichen etwa 40 Millionen Euro an Hypotheken vollständig ablösen, die noch auf dem klubeigenen Stadion Signal-Iduna-Park liegen. Allein mit dieser Maßnahme werden pro Saison etwa fünf bis sechs Millionen Euro frei, die nicht mehr für Zinsen und Tilgung ausgegeben werden müssen.

Auch die Geschäftsstelle, bisher in einem Miet-Kauf-System, soll möglichst bald ganz erworben werden. "Wir sind damit dann komplett schuldenfrei", verkündete Watzke mit erkennbarem Stolz. Im Frühjahr 2005, als er die Geschäftsführung übernommen hatte, war der BVB beinahe insolvent, die Schulden wurden auf mindestens 150 Millionen Euro geschätzt.

Signal-Iduna verlängerte zudem die Laufzeit des Vertrags über die Stadion-Namensrechte bis zum Jahr 2026. Trainer Jürgen Klopp, der in betont sportivem Outfit den Anzugträgern aus der Wirtschafts-Abteilung schmunzelnd lauschte, meinte dazu in gewohnter Manier: "Ich bin froh, dass der Stadionname bei uns nicht so oft wechselt. Wenn man den ins Navi-System eingibt und man kann in sechs verschiedenen Städten landen, ist das nicht schön."

Auch Klopp betonte, dass er nicht erwarte, dass die Millionen direkt in die Mannschaft investiert würden, um etwa begehrte Spieler wie Marco Reus oder Ilkay Gündogan dauerhaft an den BVB zu binden. "Wir sind hier nicht in England oder Spanien, wo 400 oder 500 Prozent Gehaltsunterschiede ganz normal sind. Uns ist die Kaderhygiene besonders wichtig und dass die Bezahlung nicht allzu sehr auseinander geht."

Jürgen Klopp beklagt die verletzten Spieler

Dortmund will offenbar auch "erhebliche Summen" in Festgeldern einfrieren. Mittelfristig will der BVB 300 Millionen Euro Umsatz im Jahr machen, ohne dafür Spieler abgeben zu müssen, wie vergangenes Jahr etwa Mario Götze, der die Bilanz zwar aufhübschte, aber nun nicht mehr für den BVB spielt, bei dem er groß wurde. Auch damit scheinen sich die Dortmunder, wenn auch in vorerst sehr viel bescheidenerem Rahmen, auf die Fährte des FC Bayern zu begeben.

Nach dem Zahlen-Salat beklagte Trainer Klopp noch die lange Liste von Spielern, die bei ihm gerade verletzt oder noch nicht ganz fit nach der Weltmeisterschaft sind. (Innenverteidiger Mats Hummels wird gegen Leverkusen definitiv fehlen, Torwart Roman Weidenfeller womöglich auch.) Alltags-Geschäft eben.

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Quelle:
SZ vom 22.08.2014/schma
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